2 Tierschutzhunde, einige Probleme

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steffü2707 schrieb am 02.11.2014
Hallo, habe Ende Januar 2 Hunde aus Griechenland übernommen. Unterschiedlicher konnten die Charaktere nicht sein. Ich kannte die Tiere vorher nicht und wurde ins kalte Wasser geworfen, da die Beschreibung im Nachhinein zwar ansatzweise stimmte, aber sie doch einige Macken haben.
Ich fange mal mit Fee an, Fee ist beschieben als Labrador-mix, 5 Jahre alt. Ich bin mir sicher, dass sie eventuell jagdlich geführt wurde und aufgrund ihrer Nervösität und der nicht vorhandenen Schussfestigkeit untauglich war und letztendlich ausgesetzt wurde. Meiner Meinung nach ist da nur ein Hauch Labbi drin.. Ihr Gesicht errinnert stark an einen Pointer bzgl. der langen Ohren, von der Hüfte her ist sie sehr breit und sehr muskulös..Charakterlich ist sie ein sehr schmusiger, anhänglicher Hund, sehr sehr freundlich zu Menschen, will am liebsten in mich kriechen... Sie hat schnell sitz, platz und nein gelernt.. nur das mit dem rankommen ist schwierig... sie stöbert und wenn sie ne Spur hat, geht sie dieser hinterher... sie kommt dann irgendwann zwar wieder, aber in der Gegend hier ist mir das zu heikel sie von der Schleppleine zu lassen. Der eine Jäger hier ist naja... und die Menge an jagdbaren Wild ist hier sehr groß. Außerdem will ich auch nicht, dass sie jagt.. Leider lässt sie sich auch von mir nicht motivieren. Futterbeutel, Leckerlies... alles blöd drausen... Leider hatte sie schon Erfolg beim Jagen.. 5 Mäuse waren es letzten Monat, trotz Leine .. Sie ist blitzschnell. Vielleicht können sie mir ja ein sehr gutes Buch empfehlen...
Eine weitere Baustelle sind Autos und Motorräder, die laut sind... bzw neben uns nochmal Gas geben müssen, da tickt sie aus und will das Auto angreifen. An einer viel befahrenen Straße ist es eher weniger das Problem, an schmalen Seitenstraßen ist es auffällig oft. Als wenn sie es als eine Bedrohung sieht. Wenn ich merke, dass sie sich anspannt und fixiert, kann ich es kurz unterbinden.
Und das dritte Problem frontale Aufeinandertreffen mit anderen Hunden. Es ist allerdings nicht aggressiv, im Freilauf ist sie sehr verträglich mit anderen Hunden. Es ist auch kein Bellen eher ein Fiepen und jaulen, weil sie unbedingt wissen will, wer da kommt. Ich umgehe solche Situationen, indem ich einen Bogen mache, allerdings ist das nicht immer möglich einen 30 Meter Bogen zu machen, denn da schaut sie nur macht aber keine Anstalten. Hab es schon mit nem Halti versucht, klappt auch wunderbar, allerdings macht mich dann der Anblick sehr traurig, sie schaut unsicher und wirkt wie ein geschlagener Hund.

So und die 2. Kandidatin ist Juli, 3 Jahre alt, Multimix.. könnte Pointer- Münsterländer-mix sein.
Sie ist ein Angsthund, neigt zum Schnappen. Am Anfang war sie eher schwierig, scheint schlecht sozialisiert auf die Umwelt. Ein sehr unsicherer Hund, hatte vor allem erstmal Angst, Große Steine am Wegesrand, parkende Autos, alles war gruselig. Menschen sind immer noch gruselig, allerdings nicht alle.. vor allem Menschen mit Stöcken, da knurrt sie teilweise auch, lässt sich aber korrigieren. Angst vor fremden HUnden hat sie auch, solange die aber nett sind.. Ihr Problem ist, aus Unsicherheit stellt sie den Kamm und einige Hunde reagieren etwas angespannt auf sie, obwohl sie sich bei großen Hunden recht schnell auf den Rücken dreht und sich unterwirft. Sie läuft frei, sie neigt dazu bei mir Schutz zu suchen und sie jagt zumindest kein größeres Wild, sie lässt sich abrufen. Allerdings ist sie drausen immer noch sehr unsicher, wenn etwas auf den Routen anders ist als sonst.
Sie neigt zu territorialem Verhalten im Haus. Fee durfte ihrer Meinung nach nicht ins Wohnzimmer. Ich hab das dann geklärt und sie akzeptiert dies auch, Wenn sie schläft und Fee berührt sie, knurrt sie. Macht sie bei mir teilweise auch und schnappt dann auch wenn ich nicht reagiere. Ich weiß nicht, woher das kommt, vielleicht musste sie ihren Schlafplatz damals verteidigen... auch bei anderen eher "zwanghaften" Sachen, neigt sie zum Schnappen. Neulich erst beim Bürsten hatte ich den Arm unterm Bauch, damit sie sich nicht setzt. War ihr wahrscheinlich zu blöd, das Knurren hatte ich überhört. Bürsten war bisher nie problematisch. Aus Angst, dass das Verhältnis kaputt geht, wenn sie mich mal erwischt beim Schnappen, bekommt sie teilweise den Beißkorb um.. z.B. bei den Ohrentropfen. Weil da auch Schmerzen mit eine Rolle spielen. Sie hat ne chronische Otitis. Es ist halt echt schwierig, da ich die Vergangenheit von ihr gar nicht kenne. Vielleicht habt ihr da auch noch nen Tipp für mich.?

Juli ist die Gescheckte vorne, Fee die blonde Hündin
3 Antworten
Janna Krebs | Hundetrainer/in
schrieb am 04.11.2014
Liebe steffü2707,

vielen Dank für Ihre Fragen. Ich will gerne versuchen, Ihnen "aus der Ferne" ein paar neue Ideen und Möglichkeiten aufzuzeigen.
Zunächst zu Fee und dem Jagdproblem: Gerne würde ich Ihnen ein Antijagdtraining in einer Hundeschule empfehlen, die mit positiver Verstärkung arbeitet, keinesfalls jedoch mit Strafen und Schreckreizen. Zusätzlich könnten Sie sich ins Thema einlesen: "Antijagdtraining" von Ariane Ullrich & Pia Gröning (auch als DVD erhältlich).
Bei der "Jagd" auf Autos und Motorräder würde ich ein Alternativverhalten aufbauen, das Fee zu Ihnen umorientiert. Z.B. bietet sich ein Hand-Touch an, mit dem Sie Fee mit der Nase an Ihrer Hand aus der Situation führen können.
Auch bei Hundebegegnungen würde ich auf ein Alternativverhalten setzen. Auch wenn ich es aus der Ferne nicht genau beurteilen kann, klingt Fees Verhalten nach Unsicherheit und Angstverhalten. Sie könnten (anstatt riesige Bögen zu laufen) ein Pendeln aufbauen: Sie führen sie quasi in Schlangenlinien am anderen Hund vorbei. Dann bewegt sie sich eher seitlich, was deeskalierend wirkt. Oder Sie setzen auch hier den Hand-Touch ein und führen sie mit der Nase an Ihrer Hand am anderen Hund vorbei.
Bei Juli möchte ich Ihnen zunächst das Buch "Perspektivwechsel: Positive Psychologie für Hunde" von Maria Hense & Christina Sondermann empfehlen. Sie lernen darin, wie Sie das Selbstbewusstsein von Juli stärken können (ist selbstverständlich auch bei Fee sinnvoll!).
Wichtig bei Juli: Kündigen Sie Berührungen an! Sagen Sie ein Wort (z.B. Schulter), wenn Sie sie an der Schulter streicheln. Jede Art von Handling sollten Sie ankündigen, das nimmt Juli den Schrecken bei "plötzlichen" Berührungen. Bauen Sie bei Juli Handling kleinschrittig auf, belohnen Sie sie großzügig für das Zulassen von (unangenehmen) Berührungen.
Ohrenentzündungen sind tatsächlich äußerst schmerzhaft für den Hund. Behalten Sie hier den Maulkorb zu Ihrem eigenen Schutz bei, aber kündigen Sie auch hier das Tropfengeben an und lassen Sie tolle Belohnungen folgen.
Ich hoffe, dass ich Ihnen mit meinen Antworten weiterhelfen konnte.
Herzliche Grüße,
Janna Krebs
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steffü2707 | Fragesteller/in
schrieb am 04.11.2014
Vielen Dank für die schnelle Antwort. Mit Strafe arbeite ich generell nicht, beide sind sehr sensibel... die einzige Strafe, die ich anwende, ist im schlimmsten Fall "ignorieren"... ansonsten arbeite ich lieber mit positiver Verstärkung. Vielen Dank für die Buchtipps. Ich werde mir beide mal bestellen und mich einlesen. Und schon mal bei Fee das Alternativverhalten trainieren, gibt es da eventuell Einstiegsliteratur? Darf ich noch fragen, was sie vom "Clickern" halten?
Vielen Dank
MfG Steffi
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Janna Krebs | Hundetrainer/in
schrieb am 05.11.2014
Liebe Steffi,

es freut mich sehr, dass Sie sich um Ihre beiden Hunde mit so viel Engagement kümmern!
Mir ist noch ein Buch eingefallen, das ich Ihnen empfehlen möchte: "Stressfrei über alle Hürden" von Leslie McDevitt. Das Buch stammt zwar ursprünglich aus dem Agility-Training, lassen Sie sich davon aber bitte nicht irritieren. Die Autorin erläutert darin u.a. auch Targetarbeit, so auch die Hand als Target. Das ist nichts anderes als der Hand-Touch, den ich oben erwähnte.
Clickern ist eine ganz wunderbare Technik, um Hundepersönlichkeiten zu stärken und (neues) Selbstbewusstsein aufzubauen! Maria Hense & Christina Sondermann gehen in ihrem Buch ausführlich darauf ein. Bitte beachten Sie, dass es Clicker in unterschiedlichen Ausführungen - und somit Lautstärken gibt. Manche Hunde erschrecken bei einem zu lauten "Klick".

Herzliche Grüße,
Janna Krebs
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