Mehrere Probleme mit Hund aus der Tierhilfe

Allgemeines
Stephanie M. schrieb am 27.11.2017
Guten Tag,
vor vier Monaten habe ich eine, jetzt 11 Monate alte, Hündin aus der Tierhilfe geholt. Die Tierärztin meint, es sei Schäferhund, Bracke und Windhund drin, vermutlich auch noch irgendwas anderes, ist bestimmt Mischling in der 4. oder 5. Generation.
Ich habe folgende Probleme und bin momentan wirklich am verzweifeln:

1. Sie ist mal stubenrein, mal nicht. Ich kann 10 Minuten vorher mit ihr draußen gewesen sein, da macht sie einfach irgendwo hin. Meist ein "großes Geschäft", das drückt sie sich immer noch irgendwie raus.
An manchen Tagen ist es okay und auf ein Mal fängt sie wieder an ins Haus zu machen. Woran kann das liegen?

2. Ich kann sie nicht ableinen, da sie dann davon rennt. Sie rennt sehr gerne und braucht den Auslauf, allerdings kann ich sie nicht rennen lassen, da sie dann vor uns davon läuft und zu anderen Hunden rennt. Sie springt auch über unseren Gartenzaun und rennt in der Nachbarschaft durch die Gärten, ich habe Angst, dass sie mal von einem Auto erwischt wird. Im Haus hört sie auf "Hier" und auch an der Schleppleine klappt es soweit ganz gut, nur nicht wenn sie komplett frei ist. Was kann ich da tun?

3. Nicht immer, aber oft bellt sie andere Hunde schon von Weitem an, springt und zieht an der Leine und man kann sie nicht beruhigen. Wenn sie beim Hund angelangt ist, ist sie immer friedlich und unterwirft sich eher direkt. Auf "Schluss" oder ähnliches reagiert sie in diesem Zustand nicht. Was kann ich tun, damit sie das lässt?

Ich wollte sie als Reitbegleithund ausbilden, allerdings bezweifle ich stark, dass das jemals klappen wird und so lange ich sie nicht rennen lassen kann fehlt ihr der nötige Auslauf, denn auch Wandern gehen reicht ihr nicht.
Ich bin wirklich am verzweifeln. Mein Hundetrainer sagt, sie sei ein einfacher Hund, man muss nur streng sein und in der Hundeschule klappt auch alles wunderbar, nur zu Hause dann nicht mehr.
Ich hoffe mir kann irgendjemand helfen, meine Mutter, die sich um sie kümmert, wenn ich arbeite, möchte mich bereits dazu bringen sie abzugeben, zu jemandem der ihrer aufgedrehten Art gerecht wird und bei dem sie mehr gefordert wird, denn so lange ich sie nicht am Pferd haben kann, habe ich nicht genügend Zeit.

Mit freundlichen Grüßen
Steffi
1 Antwort
Marina Krieg | Hundetrainer/in
schrieb am 05.12.2017
Hallo,

1. Sind gesundheitliche Ursachen ausgeschlossen? Blasenentzündung etc.?
Wie reagieren Sie, wenn etwas im Haus gelandet ist? Bitte nicht schimpfen! Was der Hund dann lernt ist, sich besser nicht in ihrer Anwesenheit zu lösen, was draußen zum Problem werden kann. Wischen Sie es kommentarlos mit einem Enzymreiniger weg.
Dann könnte es noch sein, dass es draußen zu aufregend ist, um dort sein Geschäft zu machen. Sei es weil andere Hunde auftauchen oder es zu viel zum Erschnüffeln gibt. Gehen Sie an einen ruhigen Ort an einer kurzen Leine und laufen Sie nur 2m nach rechts und wieder nach links, bis sie gemacht hat.
Und beobachten Sie sie drinnen genau, damit Sie Anzeichen erkennen, bevor sie sich löst.

2. Bitte bitte leinen Sie sie nicht ab! Wenn sie auch im Garten abhaut, bauen Sie einen ausbruchsicheren Zaun oder lassen Sie sie auch dort an der Leine! Wie Sie schon sagen, es ist viel zu gefährlich!
Üben Sie den Rückruf an der Schleppleine und machen Sie die Übungen immer so einfach, dass es auf jeden Fall klappt!
Ein paar Tipps zum Rückruf:
- zunächst auf kurze Distanz in ablenkungsarmer Umgebung
- immer nur rufen, wenn man denkt, man hat Erfolg (wenn Sie 100€ verwetten würden). Sind Sie sich nicht sicher, sprechen Sie Ihre Hündin erst mit ihrem Namen an. Sehen Sie keine Regung, setzen Sie nicht Ihren Rückruf ein, sondern einen "Gummi-Rückruf", also ein Signal, bei dem es nicht so schlimm ist, wenn es kaputt geht (sowas wie z.B. "na komm", "komm her" etc.)
- Rufen Sie im Stehen, hocken Sie sich danach hin und feuern Ihren Hund an
- Nicht mit dem Namen, sondern mit einem "hier", "zu mir", mit einer Pfeife etc.
- nicht nur rufen, wenn große Ablenkungen (Reh, andere Hunde etc.) in der Nähe sind oder Sie Ihren Hund anleinen wollen, sondern auch einfach nur so
- Klappt das gut, kann die Ablenkung langsam gesteigert werden
- Wichtig bzgl. der Körpersprache: Beugen Sie sich mit dem Oberkörper nicht nach vorn. Wollen Sie Ihren Hund anleinen, hocken Sie sich hin oder drehen Sie sich seitlich
- immer hochwertig belohnen (z.B. Leberwurstpaste etc.)

Wenn da aber wirklich Bracke und Windhund drin ist, hat sie vermutlich ein stark ausgeprägtes Jagdverhalten. Wie wahrscheinlich also ein Leben im Freilauf ist, kann man schwer sagen (ich habe selbst eine stark jagende Podenca, die zwar einen super Rückruf hat, aber sobald sie in der Jagd ist, kann sie diesen gar nicht mehr wahrnehmen. Sie kann fast nirgends frei laufen).
Evtl. gibt es in der Nähe bei Ihnen einen eingezäunten Hundeauslauf?

Noch weitere Denkanstöße: https://www.hey-fiffi.com/blog/featured/von-rennenden-katzen-und-fliegenden-leckerchen-hunde-richtig-belohnen/

https://www.hey-fiffi.com/blog/featured/katwarn-fuer-hunde-rueckruf-geschickt-aufbauen/

3. Je nachdem, mit welcher Motivation sie sich so verhält (Frust weil sie hin möchte? Unsicherheit und die anderen Hunde sollen gehen?) sollte man hier unterschiedlich vorgehen.
Hier ist die Körpersprache des Hundes von entscheidender Bedeutung, lassen Sie sich daher von einem Experten vor Ort helfen.
Wenn Ihr bisheriger Hundetrainer Ihnen geraten hat, einfach nur "streng" zu sein, ist er definitiv nicht der richtige dafür.
Konsequenz wird häufig mit "Strenge" verwechselt, hat aber zum Glück nichts damit zu tun.

Gute und qualifizierte (!) Trainer in Ihrer Nähe finden Sie unter: https://trainieren-statt-dominieren.de/trainer-umkreissuche

Ich hoffe, ich konnte Ihnen weiterhelfen.

Viele Grüße
Marina von den Ostseepfoten
www.ostseepfoten.com
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