Wann schlägt die Hundeerziehung an

Welpenerziehung ❯ Sonstige Erziehungstipps
Ulle U. schrieb am 14.02.2019
Hallo!
Unsre kleine Lua war ein Straßenfund. Wir haben sie mit ihrer Schwester mitgenommen, da waren sie ca. 7-8 Wochen alt und die beiden haben uns in der ersten Zeit wirklich den letzten Nerv geraubt, weil sie nur auf sich und das Spielen fixiert waren und gar nichts zur Ruhe kommen wollten. Hat man sie getrennt, haben sie die ganze Nacht Palaver gemacht usw. Nachdem Lua nicht stubenrein wurde eine Blasenentzündung festgestellt, die sich leider als eine Fehlbildung der Harnorgane entpuppte und vom Fachmann operiert werden musste. Deswegen haben wir uns dann auch letztendlich von Luas Schwester getrennt und sie in einer tollen Familie mit Zweithund untergebracht.
Nach Luas Krankheit haben wir ihr noch recht viel durchgehen lassen und mit der Hundeschule gewartet. Sie war aber sehr lernfreudig und hat ein paar Kommandos im Nullkommanichts gelernt und gerne ihren Dummy für Futterspiele benutzt. Bis auf Rinderöhrchen gab es keine Leckerlies. Draußen hat sie leider gar nicht pariert und war/ist einfach sehr ignorant. Bis ich angefangen habe ihr auch das Stöckchen holen gegen Futter beizubringen und sie draußen zu füttern. Dann hatte ich sie und ihre Aufmerksamkeit plötzlich sobald wir aus der Türe waren.
Allerdings waren andere Hunde und Menschen trotzdem immer viel zu spannend und an einen Rückruf war nicht zu denken, denn jeder musste ja ausgiebig begrüßt und besprungen werden, falls man mal nicht an der Leine war.
Dann haben wir mal eine Hundetrainerin gefragt, weil ich das Gefühl hatte, dass Lua sich einfach nicht richtig an uns bindet und im Haus nur so aufmerksam ist, weil sie einfach jede Aufmerksamkeit nimmt, die sie finden kann.
Die Hundetrainerin sagte dann, wir hätten Lua übertrainiert und wären zu konsequent. Wir sollten keine bzw. nur zwei Kommandos die sie uns nannte nutzen und Lua mit ihren 5Monaten noch Welpe sein lassen.
Wir haben uns gefreut, dass wir mehr mit Lua schmusen sollen und ihr mehr durchgehen lassen sollen. Hatten nämlich häufiger Diskussionen deswegen.
Zwei Wochen später waren wir bei einem Elternabend in der Hundeschule, da erklärte sie genau das Gegenteil..Ab Monat fünf müsste man mega konsequent sein und die Kommandos üben und den Hund nur draußen gegen Kommandos füttern, wegen der bevorstehenden Pubertät.
Das klang ja super, NICHT! Die Trainerin sagte, dass ich es entweder falsch verstanden hätte oder dass es bei ihr was anderes sei.
Wir waren jetzt auch drei mal in der Welpenstunde und da sind alle Welpen viel jünger aber zum größten Teil weiter als Lua.
Wir kamen erstmal mit ihrem normalen Futter an.. man hatte uns nicht gesagt, dass man die Hunde dort mit den heftigsten Leckerlies bestechen muss, damit sie hören.
Also war die erste Stunde die absolute Katastrophe und wir rannten Lua permanent nur hinterher, weil sie so viele interessante Spielkammeraden hatte und ihr Futter bekam sie ja sowieso.
Dann mussten wir wohl Leckerlies einführen und diese nur für den Rückruf und die Hundeschule benutzen.
Die Leckerlies nutzen in der Hundeschule allerdings auch recht wenig, weil die anderen Hunde für sie so aufregend sind und eingefangen oder abgerufen bekommen wir sie nur wenn sie durch Zufall an uns vorbeirennt und wir im richtigen Moment zupacken..
Leider ignoriert Lua uns jetzt draußen auch außerhalb der Welpenschule wieder komplett, außer man hat einen Stock in der Hand oder übt den Rückruf, mit den Leckerlies, wenn keine anderen Hunde oder Menschen in der Nähe sind. Sonst klappt das nicht und man müsste ja als Konsequenz nach Hause gehen.
Naja.. jedenfalls hört Lua draußen einfach nicht und guckt sogar bewusst an mir vorbei, wenn ich sie anspreche, ansinge, anpiepse oder auch mal angrummel. Ich scheine ihr egal zu sein. Und ihr Futter interessiert sie halt auch nicht mehr.. nur noch das Leckerli für den Rückruf. Sie könnte Tage ohne Futter, weil Sie ja keine Lust mehr hat, damit etwas zu tun.
Drinnen ist sie super aufgeweckt und verschmust. Manchmal verfolgt sie uns, aber nicht zwanghaft. Sie hängt auch schonmal ne Stunde mit nem Ohr auf ihrer Decke während wir in nem anderen Raum sind.
Drinnen steht sie auch noch sehr auf Kommandos und verlangt noch nichtmal eine Gegenleistung.
Würde es tatsächlich helfen Sie drinnen zu ignorieren, damit sie sich draußen mehr an mir orientiert? Ich bekomme das leider nicht so hin.
Oder ist Lua noch in einem Alter in dem ihr Verhalten ganz normal ist?
Wie sollten wir das mit dem Futter angehen?
Wir benutzen jetzt übrigens eine lange Schleppleine, aber da die Trainerin gesagt hat, wir sollen sie an der Leine nicht an andere Hunde lassen, ist das alles so semi-praktisch. Ich will ihr den Spaß ja auch nicht gänzlich verwehren, aber wenn ich sie abmache, dann bekomme ich sie nicht mehr eingefangen.

Ich habe sicher noch 10 Fragen die ich vergessen habe, aber war jetzt vielleicht auch ein bisschen viel.

Ich hoffe sie haben ein paar Antworten für mich!
Vielen lieben Dank :)
die Ulli
5 Antworten
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 14.02.2019
Hallo Ulli,
in einem hat Ihre Trainerin recht: Lassen Sie die Kleine nicht angeleint zu anderen Hunden. Hunde an der Leine haben eine andere Körpersprache als Hunde im Freilauf und es kann deshalb zu Missverständnissen kommen.
Das mit der Konsequenz ist so eine Sache. Konsequent sollte man IMMER sein, von Anfang an, sonst findet auch so ein Baby schnell raus, dass es nicht immer alles machen muss, wenn es keine Lust hat. Allerdings heißt Konsequenz nicht Strenge, das verwechseln viele Leute und sicher hat Ihre Hundetrainerin es auch so gemeint. Es heißt, dass Sie, wenn ein Kommando gegeben ist, dieses ruhig und souverän durchsetzen. Hier kommen wir dann zu dem zweiten Punkt, dass Sie für Ihre Kleine draußen Luft sind. Sie benutzen ja schon eine Schleppleine, allerdings nur, damit die Hündin nicht weg läuft. Die Kleine lernt dann, wenn sie die Schleppleine dran hat, kann sie nicht weglaufen. Das war es dann aber auch schon. Besser ist es, mit der Schleppleine gezielt zu üben, indem Sie immer wieder rufen und die Hündin, wenn sie nicht kommt, sanft zu sich herziehen. Dann bekommt sie ein Leckerchen und wird sofort wieder laufen gelassen. Wenn sie kommt, ohne dass Sie ziehen müssen, lassen Sie Ihr Ende der Leine auf dem Boden so dass sie frei läuft, Sie aber immer noch als Notbremse auf die Leine treten können. Lassen Sie die Hündin aber IMMER zu sich herkommen, laufen Sie ihr nicht hinterher oder locken sie, sonst müssen Sie immer wieder mit dem Training von vorne anfangen. Versuchen Sie es mal, indem Sie weglaufen, ohne die Hündin zu beachten. Wenn man Hunde viel beobachtet, haben sie keinen Grund, auf ihren Menschen zu achten.
Sie fragen, ob Sie die Kleine drinnen ignorieren sollen. Zusammen mit der Aussage, dass sie sehr verschmust ist und Sie verfolgt, bringt mich das dazu, zu denken, dass die Hündin Sie trainiert und kontrolliert. Deshalb ja, wenn die Kleine etwas fordert, wie Streicheleinheiten, spielen Futter, ignorieren Sie sie. Lassen Sie nicht zu, dass sie Sie verfolgt, schließen Sie Türen. Lassen Sie sie nur auf Sofa oder Bett, wenn Sie sie ausdrücklich rufen. Springt sie von alleine drauf, schieben Sie sie wortlos runter. Machen Sie es doch einfach mal wie die Hündin, wenn sie Sie anspricht, ansingt, anpiepst oder auch angrummelt: Das interessiert Sie nicht. SIE bestimmen, nicht die Kleine.
Ach so, noch was: Lassen Sie die Stöckchen weg, da kann ein Hund sich sehr mit verletzen. Es gibt von der Fa. Kong Gummistöckchen oder nehmen Sie doch einen Ball.
Wenn Sie weitere Fragen haben, melden Sie sich einfach nochmal unten mit dem Antwortbutton.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de zu üben.
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Ulle U. | Fragesteller/in
schrieb am 14.02.2019
Super vielen Dank für die liebe und ausführliche Antwort!!!

Mir hilft es schonmal suuuper, dass wir die kleine an der Schleppleine vorsichtig zu uns ziehen dürfen, wenn sie nicht kommt und danach weiter mit ihr weiter üben dürfen. Das Prinzip des Rückrufs hat sie komplett drauf, egal wo man in der Wohnung ist, sobald sie "hier" hört, ist sie in Windeseile auf dem Weg um sich ihr Leckerlie abzuholen. Auch draußen klappt es 9 von 10 Mal (auch ohne Leine), außer halt, wenn Hunde oder Menschen sie zu sehr durch ihre Anwesenheit ablenken. Unsre Trainerin meinte halt, wenn sie dann nicht beim ersten Abruf kommt, müssten wir sie abholen, bzw. einfangen und sie dann sofort nach Hause bringen als Konsequenz. Es gefällt mir besser mit der Schleppleine so zu üben, dass sie danach noch ein paar Versuche hat um es zu verstehen. Haben aber auch erst gestern begonnen mit der richtigen Schleppleine zu üben, vorher nur die lange normale Leine hinter ihr herziehen lassen. Hat ja "meistens" geklappt. :D

Haber ich es richtig verstanden, dass man sie trotzdem belohnt, wenn man sie heranholen musste, obwohl sie ja weiß, dass sie eigentlich selber hätte kommen müssen?

Und haben Sie eine Idee wie wir ihr das normale Futter wieder schmackhaft machen? Lassen sie manchmal einen halben Tag ohne damit sie Hunger bekommt, aber selbst das stört sie gar nicht. Draußen interssieren sie nur Leckerli oder gar nicht hören. Haben auch schon diverse Futtersorten durch. Im Laden liebt sie alles und abends vorm Schlafen fänd sie auch alles okay, aber beim Gassigang ist ihr nicht-hören und spielen lieber, als zu futtern, egal wie lang sie nichts bekommen hat.

Auch vielen Dank für die Aussage zu den Stöcken. Stöcke versuche ich dann jetzt zu ignorieren. Lua sammelt sie nur sehr gerne ein. Aber ich werde die Kong-Alternative besorgen :) den Kong Ball mag sie auch sehr gerne, sicher dann die Stock Alternative auch.

Das ignorieren drinnen werde ich auch nochmal versuchen.. fällt mir echt schwer. Sie ist super süß :D und sie springt so leichtfüßig auf die couch und immer und immer wieder, egal wie oft man sie runtersetzt oder den Weg versperrt. Sollte man sie dann vielleicht danach ganz kurz als Konsequenz in die Box packen oder was hätten Sie für Ideen?

Ich bin super gespannt, was sie für weitere Tipps haben.
Danke nochmals :)

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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 14.02.2019
Die meisten Hunde finden es ein super Spiel, wenn Herrchen/Frauchen versuchen, sie einzufangen. Das klappt nicht oder dauert sehr lange. Deshalb verstehe ich diesen Vorschlag nicht. Die Konsequenz, den Hund, wenn man ihn endlich eingefangen hat, nach Hause zu bringen, verstehe ich auch nicht. Ganz sicher versteht es aber der Hund genau so wenig.
Es ist doch super, dass es schon so oft funktioniert. Wenn es mit Menschen und Hunden nicht so gut klappt, bitten Sie befreundete Hundebesitzer und/oder eingeweihte Menschen, mit zu üben. Je öfter Sie das üben, um so schneller wird die Hündin es lernen, dass sie auch unter Ablenkung zu gehorchen hat.
Ja, Sie haben richtig verstanden, dass die Hündin auch dann belohnt werden sollte, wenn sie nicht von alleine zu Ihnen gekommen ist. Wüsste sie, dass sie sofort kommen soll, würde sie es tun. So aber hat sie gelernt, dass sie, wenn sie will, kommen kann. Deswegen finde ich auch das Locken und Bestechen mit Leckerchen so unsinnig. Hat der Hund kein Interesse daran, hat man verloren. Er muss lernen, dass er kommen MUSS, nicht darf, wenn er will. Deshalb soll das Training mit der Schleppleine so lange dauern, bis der Hund das wirklich verinnerlicht hat. Als Belohnung wird sie dann auch wieder Leckerchen nehmen, als Ablenkung oder Bestechung nicht, zu Recht :-)
Wenn die Hündin, egal wie leichtfüßig, auf die Couch springt, sollten Sie sie nicht runtersetzen oder den Weg versperren. Das könnte sie wiederum als tolles Spiel empfinden. SCHIEBEN Sie sie, und zwar wirklich kommentarlos, runter, immer und immer wieder. Konsequenzen sind unnötig, dabei lernt der Hund nichts. Haben Sie schon mal gesehen, dass ein ranghoher Hund einen anderen, wenn er ihn nervt, in eine Box sperrt? Er wird ihn, wenn er auf seinem Platz liegt, einfach wegschieben.

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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Ulle U. | Fragesteller/in
schrieb am 14.02.2019
Vieeelen Dank! Wir freuen uns grad riesig über diese Antworten.
Werden alles versuchen so umzusetzen und schön geduldig mit der Kleinen sein :)
Unsre Trainerin meinte, dass der Hund ja sehr gerne spazieren geht und es für ihn die schlimmste Konsequenz auf sein "nicht hören" wäre, wenn man den Spaziergang abbricht und nach Hause geht. Aber ich finde die Schleppleinengeschichte viel schöner für alle Beteiligten. :)

Nur noch eine Frage bleibt.. wie kriegen wir sie wieder dazu ihr normales Futter zu fressen. Wenn sie morgens lange nichts isst, fängt sie häufig an zu würgen, aber wir sollen sie laut Trainerin draußen Füttern, aber obwohl sie hungrig sein müsste, frisst sie da leider nur sporadisch oder gar nicht.

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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 14.02.2019
Wenn Sie nach dem Einfangen den Spaziergang abbrechen, lernt der Hund nur:wenn Frauchen mich einfängt, muss ich nach Hause. Das Einfangen wird dann unter Umständen immer länger dauern. Ziehen Sie sie aber mit der Schleppleine her, lernt sie: Wenn gerufen und ich gehe zu Frauchen, gibt es ein Leckerchen und ich darf sofort wieder laufen.
Das mit dem Futter ist wahrscheinlich der alte Kreislauf: Der Hund will mal nicht fressen, Frauchen versucht zu überreden, was natürlich keinen Erfolg hat. Frauchen kauft ein anderes Futter, Frauchen kocht, der Hund frisst immer weniger. Es ist bei Menschen, denke ich, ähnlich. Wenn man sich ununterbrochen zu etwas gedrängt fühlt, verliert man die Lust daran.
Dass die Kleine nicht gut frisst, bekommen Sie nur hin, indem Sie die nächste Zeit hart bleiben. Stellen Sie 2x am Tag Futter hin, was in einer halben Stunde nicht gefressen ist, kommt weg. Beobachten Sie die Hündin nicht, stellen Sie das Futter hin und gehen weg. Keine Angst, kein gesunder Hund verhungert freiwillig. Dass die Hündin gesund ist, davon gehe ich aus.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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