Agressives Verhalten gegenüber fremden Menschen

Aggressivität ❯ Gegenüber Menschen
Alina89 schrieb am 03.09.2015
Guten Tag,

wir haben unseren Hund mit ca. 6 Monaten zu uns geholt. Er ist ein bosnischer Straßenhund und wurde mit ca. 3 Monaten von Tierschützern auf der Straße gefunden. Nun ist er ca. 14 Monate alt und (auch aufgrund der Pubertät) etwas wilder geworden und uns ist klar das er einfach Grenzen austestet in dieser Phase. Nur seit einigen Wochen bellt er fremde Menschen an. Dabei hat er keinen bestimmten Typ. Die Distanz wurde mit der Zeit immer geringer und mittlerweile hat er gar keine Scheu mehr rennt auf diese zu und würde gerne ins Bein zwicken. Er ist dann so in Rage, dass er nichts mehr hört. Sonst ist er immer sehr folgsam, rennt nicht zu weit weg und kommt wenn man ihn ruft. Solange wir mit ihm in Bewegung sind lässt er alle anderen Leute in Ruhe und ist ganz freundlich und verspielt wie immer. Egal ob Radfahrer, Jogger, Fußgeher oder Wanderer im Wald, interessiert ihm gar nicht. Nur sobald wir länger auf einem Platz stehen oder uns kurz auf eine Bank setzten dreht er durch und verhält sich so wenn jemand auf uns zu kommt. Auch wenn er gerade mit Hunden spielt bricht er sofort ab, bellt und rennt los. Völlig hysterisch dabei. Hin und wieder bricht er ab wenn man NEIN schreit, aber manchmal hört er nicht und man kann ihn nur Stoppen wenn man ihm die Leine nach wirft. Daher haben wir ihn nur noch an der Schleppleine momentan.
Wenn wir so an der Leine durch die Stadt gehen bzw. spazieren am Land ist er nicht aggressiv, er geht brav bei Fuß und wer an uns vorbeigeht interessiert ihm wenig. Auch wenn wir kurz stehen bleiben und Radfahrer oder Joggen fahren bei uns knapp vorbei. Da reagiert er gar nicht sondern sitzt brav bis wir weiter gehen.


1 Antwort
Hallo,
Über die Erlebnisse, die Ihr Hund mit Menschen in Bosnien hatte, dürfen wir nur mutmaßen. Es ist davon auszugehen, dass diese nicht erfreulich waren, denn sonst hätte man den Hund ja nicht "retten"müssen. Das heißt, eine tiefe Angst-Unsicherheit gegenüber Menschen hat der Hund warscheinlich mitgebracht. Wie Sie richtig erkannt haben, ist die momentane Entwicklungsphase ein zusätzliches Problem. Häufig sind Hunde in der Pubertät ängstlicher und verunsicherter, werten als gefährlich, was vorher hingenommen wurde. Dass der Hund das neue Verhalten besonders dann zeigt, wenn Sie irgendwo stationär sind, macht auch Sinn. Das so genannte Territorium wird, sobald Sie sich nicht vom Fleck bewegen, immer größer. Für alle, aber besonders territorialveranlagte Hunde (also eine genetische Disposition, Territorien zu verteidigen) ist das ganz normal. Es könnte also diese unangenehme Mischung aus der Angst vor Menschen und dem Territorialverhalten sein, die das Verhalten in den geschilderten Situationen so eskalieren lässt.
Gut, dass Sie auch dazu geschrieben haben, dass Sie NEIN brüllen, mit der Leine werfen oder andere, dem Hund unangehme Dinge tun, um ihn zum Abbruch des Verhaltens zu bewegen. Paradoxerweise befördern Sie damit das ursprpngliche Problem, so dass mich gar nicht wundert, dass es sich schon hübsch gesteigert hat.
Der Hund verknüpft Ihr unangenehmes Einwirken (die Strafe) mit genau dem, was er in DEM MOMENT wahrnimmt. Was ist das? Na, Sie und der andere Mensch... das heißt, sie machen die angst-aggresiven Gefühle gegenüber Menschen mit derartigen Reaktionen immer schlimmer UND stören die Vertrauensbeziehung zwischen Ihnen und Ihrem Hund.
Besser ist, wenn der Hund andere Menschen lernt, positiv zu assoziieren. Die dazu gehörige Lern-Technik sollte Ihnen ein versierter Profi vor Ort erklären und zeigen. Ein einmaliger Termin wird nicht genügen. Das Hundetraining für dieses Problem löst sich nicht in der Theorie.

Ich hoffe, ich konnte zumindest dafür sorgen, dass Sie nicht durch falsches Reagieren die Sache noch schlimmer machen und Sie nehmen meinen Rat an!

Gute Grüße,
Carolin Borchardt
Trainerin und Coachin für Menschen und Hunde
Hundeerzieherin und Verhaltensberaterin IHK|BHV
Berlin - allbezirklich
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