Unsicherheit führt zu Agressionen

Aggressivität ❯ Gegenüber Menschen
Milaistdiebeste schrieb am 27.02.2020
Hallo zusammen. Ich habe eine mittlerweile 1,5 Jahre alte Schäferhündin, die natürlich an sich eine super Hündin ist, jedoch 2 große Probleme hat, welche unseren Alltag zur Hölle macht.
Problem 1: Meine Hündin hat einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt (was normal für die Rasse ist und womit wir eigentlich kein Problem haben) aber zudem noch eine enorme Unsicherheit, die wir nicht wegkriegen (haben sie seitdem sie 8 Wochen alt ist). Das führt dazu, dass sie sehr aggressiv gegenüber Menschen und Hunden ist( ich kann keinem Menschen oder einem zu nah kommen, da sie auch schon bei einer weiten Distanz schon komplett austickt, bellt und drauf gehen will). Dazu kommt, dass sobald ich ein Schritt nach draußen mache, sie schon komplett aufgeregt ist und auch nach einem langen Spaziergang nicht runter kommt sondern immer aufmerksam ist, falls irgendwas um die Ecke oder so kommen sollte. Deswegen gehe ich auch immer den selben Spazierweg aber daran ändert sich nichts. Dies führt im Endeffekt dazu, dass ich nur nachts wirklich mit ihr spazieren kann weil da keine Menschen und Hunde unterwegs sind. Also das Problem ist kurz zusammengefasst, dass ich es auch nicht schaffe ihr das zu verbieten weil sie schon an der Leine zerrt, nach vorne geht und auf 180 ist. Da hilft weder das leckerste Steak nicht, noch Körperkontakt mit nem leichten picken.
Und da kommen wir direkt zu meinem 2 Problem: Sie hat keinerlei Respekt vor bzw. akzeptiert mich nicht als ‚Alphatier‘. Zu Hause knabbert sie gerne noch mal an den Händen und sobald wir darauf auf irgendeine Weise mit einem lauten Nein Kommando reagieren verschlimmert das nur die Situation. Genau so beim frei lassen( sie wird generell nur in der Hundeschule freigelassen). Sobald sie frei gelassen wird, läuft sie Kreise um mich und fängt an in die Hände zu beißen(stärker als bei mir zu Hause) und läuft wieder weg und macht das gleiche immer wieder (dabei bellt sie natürlich mich auch an). Ich kriege sie auch dabei erst nach 20 min gestoppt indem ich das Kommando Platz oft wiederhole und sie sich hinlegt. Wenn ich sie dann lobe dafür und ich Sie wieder laufen lasse, fängt der ganze Spaß von vorne an...
Das sollte man auch wissen: Vor meinem Hundetrainer und vor dem Vater meiner Freundin hat sie enormen Respekt. Sobald die laut werden, hat meine Kleine Respekt (Ohren nach hinten und geht auf sie zu zum abschlabbern)...
meine Theorie: wenn ich mein 2 Problem gelöst bekomme, schaffe ich es das erste Problem zu lösen.
Ich bin mittlerweile in meiner dritten Hundeschule und die Hundetrainer wissen nicht genau damit umzugehen also bin ich ziemlich verzweifelt und hab Angst dass sie so bleibt weil sie eigentlich doch so ein super Hund ist...
Es ist ziemlich kompliziert, dennoch hoffe ich dass ihr mich bisschen verstanden habt und mir paar Tipps geben könnt damit ich wieder alles gerade biegen kann.
Danke im Voraus! Lg
3 Antworten
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 28.02.2020
Hallo,
da haben Sie wahrscheinlich vollkommen Recht: Das größte, nein einzige, Problem ist das zweite.
Respekt muss man sich verdienen, vor allem bei Hunden, die sensibel sind und die kleinsten Fehler nicht verzeihen. Ganz sicher schaffen Sie das nicht, indem Sie die Hündin erst nach 20 Minuten stoppen können. Mit "Aus", "Nein" schimpfen etc. erreichen Sie nur das Gegenteil. Es regt aufgeregte Hunde nur noch mehr auf.
Respekt verdienen Sie sich, indem Sie Kommandos ruhig und souverän durchsetzen. Das ist das Gegenteil von -zig Mal wiederholen.
Wenn die Hündin z. B. auf Zuruf nicht zu Ihnen kommt, lassen Sie sie nicht mehr ohne Schleppleine laufen. Üben Sie dann gezielt, indem Sie immer wieder rufen (einmal!!!) und sie, wenn sie nicht kommt, sanft zu sich herziehen. Dann bekommt sie ein Leckerchen und wird sofort wieder laufen gelassen. Wenn sie kommt, ohne dass Sie ziehen müssen, lassen Sie Ihr Ende der Leine auf dem Boden so dass sie frei läuft, Sie aber immer noch als Notbremse auf die Leine treten können. Lassen Sie die Hündin aber IMMER zu sich herkommen, laufen Sie ihr nicht hinterher oder locken sie sonst müssen Sie immer wieder mit dem Training von vorne anfangen.
Das Problem mit dem "Beschützerinstinkt" ist wahrscheinlich, wie in den meisten Fällen, fehlende Leinenführigkeit. Achten Sie darauf, dass Ihre Hündin immer hinter oder neben Ihnen an lockerer Leine geht. Dann führen nämlich Sie und die Hündin muss nicht regeln wenn z. B. ein anderer Hund kommt.
Wenn Sie an anderen Hunden vorbeigehen, versuchen Sie Ruhe auszustrahlen d. h. nicht reden, nicht schimpfen und nicht die Leine krampfhaft kürzer halten. Das alles veranlasst Ihre Hündin nämlich, sich noch mehr aufzuregen.
Üben Sie aber vor allem die Leinenführigkeit. Lassen Sie sich NIE von der Hündin wohin ziehen, auch nicht, wenn sie wo schnuppern, sich lösen oder Bekannte begrüßen will. Wenn sie zieht, bleiben Sie stehen, bis die Leine wieder locker ist, oder Sie drehen um und gehen in eine andere Richtung.
Allerdings ist laut werden, wie es Ihr Hundetrainer offensichtlich praktiziert, ganz sicher nicht der richtige Weg. Die Hündin ist dann wahrscheinlich verängstigt, was nichts mit Respekt zu tun hat. Angst und Respekt sind verschiedenen Dinge.
Leider kann ich aus der Entfernung nur raten und Ihnen ganz allgemeine Ratschläge geben.

Viel Erfolg..
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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Milaistdiebeste | Fragesteller/in
schrieb am 28.02.2020
Vielen Dank für die schnelle Antwort!

Den Tipp mit der Schleppleine klingt gut und ich werde dies heute direkt in der Hundeschule umsetzen.
Jedoch gibt es bei der Leinführigkeit auch einige Sachen zu erwähnen:
Wie schon gesagt ist meine Kleine sobald wir aus der Haustür raus sind enorm aufgeregt. Ihre Aufgeregtheit geht nach 10 Minuten gassi gehen ein wenig runter aber dennoch ist sie zu 100% aufmerksam falls irgendwer kommen sollte. Sie läuft nach etwa 10 Minuten echt prima an der Leine neben mir (hinter mir läuft sie nur wenn sie körperlich ziemlich ausgelastet ist). Aber falls sie irgendwas richt oder irgendetwas neues auf dem Weg ist oder ein Mensch/Hund in der Weite zu sehen ist, fängt sie an schneller zu laufen und nach vorne zu gehen und da hilft es nicht an der Leine zu ziehen weil sie direkt in einem Tunnelblick ist und nur noch dahin gehen will. Da ich sie nicht gestoppt kriege drehe meistens wieder um und gehe einen anderen weg weil ich nicht will dass sie da ausrastet und alles zusammen bellt und weil ich so wieder ein lockere Leine habe und das ja das wichtigste sei laut meinem Hundetrainer. Aber in die Nähe komme ich nicht von entgegenkommenden Menschen/Hunden und das Umgehen ist langfristig keine Lösung, da ich mit ihr viel mehr machen will...

Ich glaube ich habe mich bei meinem Hundetrainer falsch ausgedrückt, mein Hundetrainer ist ein ruhiger auch sehr guter Hundetrainer meiner Meinung nach. Er wendet tolle Methoden an jedoch ist meine Situation sehr neu für ihn und er tut viel für meine kleine. Meine Hündin hat keine Angst vor ihm da bin ich mir sicher, da sie sich sehr sehr freut ihn zu sehen und unterwirft sich auch.

Ich hätte da noch eine andere Frage:
Mein Hündin kann auch nicht gut mit neuen Hunden. Mit der Hündin meiner Freundin (welche sehr alt ist und auch nicht viel macht) versteht sie sich super aber in der Hundeschule ist es immer gleich. Sobald die Hunde frei laufen dürfen stürmen 1/2 Hunde auf meine Kleine los und beschnuppern sie halt. Sie Ist jedoch dabei sehr sehr ängstlich (Schwanz eingezogen, Ohren nach hinten) und versucht dies zu vermeiden. Da fängt sie an wegzulaufen, dreht sich dann aber wieder um und geht bellend auf die Hunde zu( sie hat noch nie gebissen und würde dies auch niemals tun) und das bleibt so sobald sich Hunde an sie nähren oder an mich. Sobald ein Hund mir zu nahe kommt, geht meine Hündin auch wieder bellend auf die Hunde drauf jedoch hat sie immer ein gewissen Abstand von denen.
Ist dies nur eine Gewöhnungssache, also muss sie sich nur an die Hunde gewöhnen sodass sie keine Angst mehr hat irgendwann oder ihr das Bellen sofort versuchen zu verbieten? (Und wenn das Verbieten nicht klappt, wieder mit einer Schleppleine arbeiten)?

Hintergrund: Die Welpenschule hab ich dummerweise nicht besucht. Jedoch war ich früh mit ihr auf verschieden Hundewiesen unterwegs als sie noch klein war und keine Aggressionen hatte und da lief alles super mit anderen Hunden. Spielen wollte sie nie aber andere Hunde hat sie viele kennengelernt früher. Außerdem war ich oft auf dem Pferde Hof, In Wäldern... als Welpe, also hat sie viel Neues als Welpe gesehen.
Vielen Dank im Voraus :)
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 28.02.2020
Wenn die Hündin unsicher ist, aber trotzdem sich selbst und Sie verteidigen will, zeigt das, dass eine unsicherere Hündin niemanden hat, der ihr eine Richtung vorgibt, sie führt und ihr zeigt (nicht sagt), was zu tun ist, niemanden, der sie beschützt, sondern nur jemanden, den sie, unsicher wie sie ist, auch noch zusätzlich beschützen muss.
Verstehen Sie bitte, das ich nicht aus der Entfernung, ohne die Situationen gesehen zu haben, sagen kann, warum das Verhältnis zwischen Ihnen und Ihrer Hündin so ist. Wie soll das gehen, wenn ein Hundetrainer vor Ort das nicht mal kann?
Gerne können Sie mich über meine Website kontaktieren und ich rufe Sie dann zurück. Vielleicht kann man dann etwas Licht in die Sache bringen.

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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