Vom Stadthund zum Angsthund?

Angst ❯ Vor Gegenständen / Geräuschen
Cleo-2106 schrieb am 02.05.2021
Hallo,

Ich habe einen 10 Monate alten Aussirüden, über den ich mich wenig beschweren kann. Kinderlieb, abrufbar, kompatibel mit den meisten Hunden (kaum bis kein Dominanzverhalten) und bisher absolut stadttauglich.

Ich selbst lebe etwas außerhalb, habe den Kleinen aber seit Beginn immer mitgenommen, wenn es in die Stadt ging. Bis vor wenigen Wochen war das auch kein Problem: er ist schwanzwedelnder Weise neben mir her durch Menschenmengen und hat nicht mal gezuckt, wenn ein Fahrrad, Skateboard oder irgendwas anderes an ihm vorbeigeschossen ist. Im Gegenteil, mehr als ein Mal ist er auf den Trips durch die Stadt mitten im Gewimmel eingeschlafen, wenn ich länger als ein paar Minuten irgendwo rumstand oder saß.

Seitdem der Gute allerdings entdeckt hat, dass er ein Männchen ist, hat sich das alles rapide geändert: An manchen Tagen werden Fahrräder toleriert, an anderen nicht. Ähnlich sieht es mit Kinderwagen aus. Skateboards und besonders Trittroller sind je nach Tagesform ein Grund zur Vorsicht (er geht auf Abstand oder bleibt hinter mir) oder Auslöser einer ausgewachsenen Panik (er zieht so stark in die andere Richtung und presst sich gleichzeitig in den Boden, dass ich gegen halten muss und weigert sich komplett in die Richtung zu gehen).

Ich befürchte, dass ich das ganze komplett falsch angegangen bin: Ich dachte, da er bisher keine Probleme hatte, wird sich das mit etwas Gewöhnung wieder legen... also habe ich mich mit dem Monster in den Park gesetzt und den Abstand zu den bösen Radlern und Skatern nach und nach verringert. Das schien auch zu funktionieren, bis heute, als ich dachte es so langsam im Griff zu haben und alles viel schlimmer wurde.

Wir saßen auf unserer Wiese und alles war gut. Der Kleine lag entspannt neben mir und ich genoss den vermeintlichen Erfolg meiner Hundetherapie. Und dann kam ein Rad angefahren und sprang über eine Unebenheit. Mein Hund rettete sich auf meinen Schoß (bei einem Standard sieht das von außen betrachtet mit Sicherheit lustig aus) und ich wollte ihn gerade langsam wieder auf die Wiese schieben als der nächste kam, der aber vollkommen normal fuhr, allerdings bei meinem Hund die gleiche Reaktion auslöste. Plötzlich hatte ich wieder einen panischen Hund inklusive Zittern und Co. und leider blieb das so.

Ich bin leider vollkommen ratlos und weiß nicht genau, wie ich hier weitermachen soll. Vor allem habe ich Angst alles nur schlimmer zu machen.
1 Antwort
Marina Krieg | Hundetrainer/in
schrieb am 04.05.2021
Hallo,

Ihr Hund ist in der Pubertät und somit in einer besonderen Phase der Entwicklung, in der viele Hunde die sogenannten "spooky phases" durchleben. Dabei finden Hunde plötzlich Dinge, die sie eigentlich bereits kennen, gruselig. Dies hat nichts mit Männchen sein oder Dominanzverhalten zu tun.
Zusätzlich muss man dazu noch sagen, dass der Aussie als Hütehund besonders geräuschempfindlich ist und Hütehunde vermehrt auf Bewegungsreize reagieren.

Ihr Ansatz der Gewöhnung an die Reize klappt nur so lange, wie der Hund sich in der Situation wohl fühlt. Und wie in Ihrer Situation war dann einmal wieder ein Fahrrad zu nah, was wieder zu altem Verhalten geführt hat.

Man macht sich in diesem Fall die "Click für Blick"- Technik zu nutze, die über eine Desensibilisierung in Kombination mit einer sogenannten Gegenkonditionierung arbeitet (Mehr dazu hier: https://4pfoten-on-tour.de/click-fuer-blick-hundebegegnungen/ - gilt eben dann genauso für Fahrräder & Co.).
Da hier allerdings die Körpersprache sowie das Timing von entscheidender Bedeutung ist, empfehle ich, eine(n) Trainer:in vor Ort zu Rate zu ziehen.
Qualifizierte (!) Hundetrainer:innen in Ihrer Nähe finden Sie unter https://www.trainieren-statt-dominieren.de/trainer-umkreissuche .
Einige Kolleg:innen dürfen in der aktuellen Lage Einzeltraining anbieten.

Ich wünsche Ihnen viel Erfolg :)

Viele Grüße
Marina von den Ostseepfoten
Www.ostseepfoten.com
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