Was tun, wenn die Hündin Passanten angeht?

Angst ❯ Vor Menschen
Haily21 schrieb am 28.09.2022
Sehr geehrte Damen und Herren, wir haben ein Problem mit unserer Hündin Haily und hoffen auf Hilfe von Ihrer Seite. Haily ist ein Jahr alt, unkastriert und ein Mischling (laut DNA-Test kamen in den letzten Generationen ein Silky-Terrier, ein Bologneser und ein Taigan, also ein Windhund dazu, alles andere lässt sich längst nicht mehr rausfiltern). Sie ist 45cm groß und wiegt knapp 12kg. Haily wurde in einem rumänischen Tierheim geboren und durfte dort mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern leben bis sie alt genug war, um über eine deutsche Tierschutzorganisation auf eine Pflegestelle im bayerischen Hinterland zu kommen. Dort haben wir sie kennengelernt und kurz darauf haben wir sie adoptiert. Zu dem Zeitpunkt war sie fünf Monate alt.

Als Haily zu uns in die Kleinstadt kam, kannte sie im Grunde genommen nichts außer Feldern. Sie hatte Angst vor allem und jedem, jeder Spaziergang wurde zum Spießrutenlauf. Nach und nach, mit viel Geduld, schrittweiser Konfrontation und endlosen Wiederholungen wurde es besser, so dass wir entspannt spazierengehen konnten und sie auch Spaß daran hatte. Vom Naturell her ist Haily ein vorsichtiger und unsicherer Hund. Sie versteckte sich anfangs hinter uns, verzog sich in irgendeine Ecke, versuchte wegzurennen oder wartete apathisch an einem Fleck bis die vermeintliche Bedrohung vorüber war (Kind mit Roller, Besucher bei uns zu Hause, LKWs, forsche Hunde jeder Größe….). Als sie entspannter wurde, wurde sie auch neugieriger. Hunde findet sie seitdem toll, sie ist wahnsinnig sozial, wenn auch manchmal etwas tolpatschig kleineren Artgenossen gegenüber, aber wir arbeiten dran. Menschen gegenüber blieb sie vorsichtig und misstrauisch, ließ sich ungern anfassen und reagierte abwehrend (sie versuchte die Bedrohung zu verbellen) und mit Rückwärtsgang. Im Juni wurde sie das erste Mal läufig. Sie hat das gut gemeistert und zeigte keine Auffälligkeiten.

Etwa ab Juli bemerkten wir eine Veränderung: sie wurde aufmüpfiger und forscher gegenüber allem, vergaß was wir ihr an Kommandos beigebracht hatten und änderte ihre Vorgehensweise im Falle vermeintlicher Bedrohungen: sie wich nicht mehr zurück, sondern blieb stehen und bellte. Manchmal kam auch ein Schritt vorwärts und unter dem Bellen ein kurzes Knurren. Wenn sich derjenige von ihr abwand und wegging, lief sie hinterher und versuchte, ihn in die Ferse oder Wade zu zwicken (zum Glück immer erfolglos, wir waren schneller oder die Leine zu kurz). Quasi das Postbotensyndrom, sie versucht, die Bedrohung zu vertreiben. Des Weiteren ließ sich eine Einordnung erkennen: Männer findet sie gruseliger als Frauen und Menschen mit Hund vertraut sie vergleichsweise schnell und nähert sich ihnen neugierig während solche ohne Hund schlechte Chancen haben. Kinder kann sie scheinbar schlecht einordnen, die sind ihr zu unkontrollierbar. Sie läuft nicht frei, immer angeleint. Eine Zeit lang konnten wir sie auch mal ableinen, wenn nicht viel los war, sie kam zurück, hat auch gut apportiert und war relativ zuverlässig. Durch die Pubertät müssen wir das wieder aufbauen, derzeit darf sie nicht frei laufen.

Seit einigen Wochen dreht sie auf: sie versucht Fahrradfahrer zu jagen, kleine Kinder anzuspringen (manchmal im Spielmodus, aber oft auch im Ernst), oder harmlose Spaziergänger anzugehen: jeden, der ihr gefühlt zu nahe kommt. Wenn sie einen Fahrradfahrer auf dem Parallelweg sieht oder auf der anderen Seite des Parks entdeckt, kümmert sie das (noch) nicht, aber wenn er auf dem gleichen Weg ist, geht sie ihn an (sie fletscht nicht die Zähne, es tropft ihr kein Geifer vom Kinn, aber sie ist eindeutig nicht freundlich gesinnt). Wenn wir jemanden sehen, der „gefährlich“ werden könnte, nehmen wir sie kurz und positionieren uns als Puffer zwischen sie und den Anderen. Das hat eine Zeit lang gut funktioniert, reicht aber auch nicht mehr.

Mittlerweile bin ich ständig in Habachtstellung, ob von irgendwoher jemand kommt, der zum Problem werden könnte: ich rufe sie zu mir, nehme sie kurz, lasse sie sitzen und lenke sie mit Futter ab bis der andere vorbei ist. Das funktioniert gut, sie lässt sich schnell und leicht ablenken. Trotzdem wünsche ich mir das nicht als Dauerlösung, da ich ständig unter Anspannung bin und sie ja auch nicht entspannt rumlaufen kann, wenn sie ständig Gefahr wittert. Wir haben bereits Kontakt zu einer Hundetrainerin, der Termin liegt aber in nicht allzu naher Zukunft. Wir würden gerne die Zeit bis dahin nutzen und irgendetwas unternehmen damit sich ihr Verhalten nicht weiter verschlimmert. Können Sie uns einen Ratschlag geben?

Vielen Dank! Mit freundlichen Grüßen Isabel
1 Antwort
Guten Morgen, es ist sicherlich sehr gut, dass Sie sich mit einer Hundetrainerin in Verbindung gesetzt haben. Sie kann das Problem vor Ort besser einschätzen als ich an dieser Stelle. Bis dahin würde ich Ihnen empfehlen, schwierige Situationen möglichst "aufzulösen", d.h. sie erst gar nicht erst in den Modus kommen zu lassen, dass sie das Verhalten zeigen kann. Ablenken ist sehr gut und hilft ja im Moment auch. Außerdem versuchen Sie im Moment, möglichst diese Konfrontationen zu vermeiden. Ich hoffe, dass Sie bald Hilfe über die Trainerin bekommen, die das Verhalten besser analysieren kann als ich von dieser Stelle.
Viele Grüße aus Wiesbaden
Marie-Louise Kretschmer
www.Hundeausbildung-naturnah.com
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