Katrin H.
schrieb am 13.03.2017
Liebe Frau Lachat,
Ihr Hund hat mit großer Wahrscheinlichkeit Angst vor anderen Hunden. Bei Hunden gilt da leider oft "Angriff ist die beste Verteidigung", so dass man als Besitzer zunächst oft gar nicht merkt, dass es eigentlich Angst ist. Man denkt, der Hund wolle die anderen dominieren, zeigen wer der Boss ist o.ä., dem ist aber gar nicht so.
Bezüglich der Aggressionsprobleme wäre es fahrlässig, auf die Ferne Tipps zu geben, daher empfehle ich Ihnen, sich für diese Probleme einen Hundetrainer vor Ort zu suchen, welcher ohne Gewalt und beim Thema Leinenaggression vorzugsweise mit "Click for Blick" arbeitet. Das wird Ihnen dann der Trainer genau erklären und zeigen.
Durch eine Kastration werden solche Probleme häufig noch verstärkt, da dadurch das Testosteron (der Gegenspieler von Stress/Angst) größtenteils wegfällt. Die Kastration lässt sich natürlich nicht mehr rückgängig machen, aber umso wichtiger ist es, dass Ihr Hund lernt, seine Angst zu verlieren und zu einem souveränen Rüden zu werden, wobei Ihnen der Trainer vor Ort helfen wird.
Wichtig ist nur wirklich, dass es ein positiv arbeitender Trainer ist, also kein Leinenruck, kein Anschreien, keine Gewalt (Schlagen, Stupsen, Treten), kein Sprayhalsband, kein Stromhalsband, kein Würger, Stachelhalsband oder Ähnliches. Schauen Sie sich die Arbeitsweise des Trainers am besten vorher schonmal ohne Hund an, denn leider schreiben viele Hundeschulen "gewaltfrei" auf die Webseite und arbeiten dann aber doch mit Gewalt.
Ihr Hund ist auf jeden Fall noch in der Lage, ein besseres Verhalten zu erlernen, dafür ist der Hund niemals zu alt. Im Gegenteil, Ihr Hund ist in einem typischen Alter für diese Probleme und kann in diesem Alter sehr gut neue Dinge erlernen.
Zum Thema Besucher anspringen empfehle ich Ihnen folgendes Training:
Den Hund auf seinen Platz schicken, evtl. mit etwas zum Knabbern. Das Kommando für ins Körbchen gehen muss zuvor natürlich ordentlich aufgebaut werden. D.h. Sie werfen immer wieder Leckerchen in den Korb, die der Hund fressen darf. Im nächsten Schritt verknüpfen Sie es mit einem Kommando, z.B. "Korb" ("auf deinen Platz" halte ich persönlich für verwirrend, wegen dem Wort Platz). Direkt bevor Sie die Leckerlis in den Korb werfen, sagen Sie Ihr Kommando. Ihr Hund geht in den Korb und frisst dort die Leckerchen. Solange er im Korb ist, dürfen Sie gerne weiter Leckerchen geben.
Bevor der Hund wieder herauskommt, geben Sie ein "Auflösekommando" und machen dazu eine entsprechende Handbewegung, die ihm signalisiert, dass er herauskommen darf.
Wenn Sie immer dieses Auflösekommando verwenden, lernt Ihr Hund, dass er ohne dieses Kommando nicht eigenständig den Korb verlassen darf. Sollte er es doch tun, schicken Sie ihn jedes Mal zurück und lösen erst auf, wenn er kurz drin geblieben ist.
Das üben Sie alles so lange, bis Sie Ihren Hund auf Entfernung und sogar aus einem anderen Raum heraus in seinen Korb schicken können. Hierfür erhöhen Sie im Training einfach nach und nach die Distanz zum Korb. Auch die Zeit, die der Hund im Korb liegen muss, wird schrittweise verlängert und Ihre Entfernung zum Korb erhöht.
Planen Sie dafür bitte mehrere Wochen Training ein! Jede einzelne Schwierigkeits-Stufe muss ausreichend lange geübt und wiederholt werden. Hier die einzelnen Stufen im Überblick:
- Hund den Korb schmackhaft machen.
- Hund eine Minute im Korb, während Sie dabei bleiben.
- Hund ein paar Minuten länger im Korb, während Sie dabei bleiben.
- Diese Zeit immer weiter verlängern.
- Wenn die Zeit kein Problem mehr darstellt, erhöhen Sie Ihre Distanz zum Hund.
- Einen Schritt weggehen und sofort wieder zurückkommen.
- Zwei Schritte weggehen und sofort wieder zurückkommen.
- Das so lange ausweiten und wiederholen, bis Sie in einen anderen Raum gehen können, während der Hund im Korb liegen bleibt.
- Dann wird die Entfernung vom Kommando bis zum Korb erhöht, also der Weg, den der Hund selbst bis in den Korb zurücklegen muss.
- Erst wird der Hund direkt am Korb hineingeschickt.
- Dann von einem Schritt Entfernung aus.
- Von zwei Schritten Entfernung aus usw., erhöhen Sie immer schrittweise die Entfernung, bis Sie ihn aus einem anderen Zimmer bis in seinen Korb schicken können.
Erst wenn das perfekt klappt und Ihr Hund zuverlässig im Korb bleibt, bis Sie ihn wieder "auflösen", können Sie es vorsichtig mit einem Besucher üben.
Sollten Sie wollen, dass Ihr Hund die Besucher weiterhin begrüßen darf, können Sie, sobald nach Eintreffen des Besuchs Ruhe eingekehrt ist und Ihr Hund brav im Korb liegt, das Auflösekommando geben. Ihr Hund darf dann den Besuch begrüßen, jedoch bitte ohne jede Aufregung des Besuchs, also kein übertriebenes "Aufdrehen" des Hundes, das würde das gesamte Training wieder kaputt machen.
Sollte Ihr Hund trotzdem hierbei wieder versuchen, den Besuch anzuspringen, darf der Hund erst wieder beachtet werden, wenn er ein anderes, besseres Verhalten zeigt (z.B. Sitz). Hierbei ist Geduld gefragt, früher oder später wird der Hund ein anderes Verhalten anbieten, wenn das Anspringen keine Aufmerksamkeit bringt. Sollte er zu aufdringlich werden, können Sie ihn auch wieder in den Korb schicken und es erst nochmal probieren, wenn er sich wieder vollkommen beruhigt hat.
Noch besser wäre es, wenn der Besuch den Hund gar nicht begrüßt, also wenn der Besuch den Hund komplett ignoriert, d.h. auch nicht anschaut.
Andernfalls wird der Hund immer eine Erwartungshaltung haben und sich nur schwer beruhigen lassen, wenn Besuch kommt.
Ich hoffe, Ihnen weitergeholfen zu haben und wünsche Ihnen viel Erfolg beim Üben und dem Finden einer geeigneten Hundeschule! Bei weiteren Fragen oder wenn etwas unklar ist, können Sie sich jederzeit gerne melden.
Liebe Grüße
Katrin