Extremes Revierverhalte

Aggressivität ❯ Gegenüber Menschen
MINNIE14 schrieb am 31.10.2015
Meine Hündin (1.5 Jahre,Jack-Russek-Mischling,ehemaliger Straßenhund,kommt aus einer Tötungsstation)hat leider ein massives Revierverhalten.Sobald es klingelt wurd gebellt und zur Tür gerannt.Auf Kommando geht sie in ihr Bett,bleibt dort auch,solange sie den Besuch sieht.Geht der Besuch um die Ecke,greift sie an,beisst auch zu.Das Problem haben wir nur bei Fremden,Bekannte sind absolut kein Problem.
6 Antworten
Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 03.11.2015
Hallo,

Hunde, die in einer Tötungsstation waren, sind größtenteils traumatisiert. Daher würde ich das Verhalten auch nicht als Revierverhalten einordnen, sondern eher als Angst vor Fremden.

Wie verhält sie sich denn draußen gegenüber Fremden?

Den Hund auf die Decke zu schicken, ist doch schon ein guter Ansatz. Jedoch sollten Sie das Signal "Geh auf Deine Decke" noch soweit perfektionieren, dass Ihr Hund unter KEINEN! Umständen ohne Ihre Erlaubnis wieder aufsteht. Benutzen Sie dafür ein gesondertes Signal. Üben Sie das unter verschiedenen Bedingungen.

Die zweite Variante ist es, den Besuch vorerst immer nur mit einem angeleinten Hund zu begrüßen. Sie leinen Ihren Hund an, nehmen in mit zur Tür. Sie bitten den Besuch den Hund nicht zu beachten. Bevor Sie den Besuch hereinbitten, geben Sie Ihren Hund ins Sitz. Der Hund sollte dann an lockerer Leine oder im Fuß mit Ihnen laufen, wenn Sie mit dem Besuch in Haus gehen. Der Hund darf den Besuch erst begrüßen, wenn er sich beruhigt hat. Trainieren Sie das in kleinen gestellten Übungseinheiten. Dann aber bringt dieses Training relativ schnell gute Ergebnisse.

Für weitere Anregungen stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
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MINNIE14 | Fragesteller/in
schrieb am 03.11.2015
Hallo und danke!

Ausserhalb der Wohnung haben wir keine Probleme gegenüber Fremden.Sue lässt sich streicheln und zeigt absolut keine Agression.
Das Problem haben wir nur in ihrem Revier.
Auch in der Hundeschule ist sie total brav,wir haben bereits die BH und die BGH1 Prüfung mit vorzüglich bestanden.Mit anderen Hunde hat sie auch keine Probleme.

Anfangs war viel Angst dabei,da sie auch uriniert hat,wenn Besuch kam.Ibzwischen zeigt sich aber reines Agressionsverhalten.
Sie will die Situation kontrollieren,sie will den Besuch immer im Blick haben.
Wenn sich der Fremde setzt,kann ich sie laufen lassen,dann lässt sie sich streicheln und kommt sogar kuscheln.Sobald der Besuch aber aufsteht,schlägt ihr Verhalten wieder komplett um und sie greift an.
Besuch mit Hund an der Leine begrüßen habe ich bereits versucht,leider kein Erfolg.
Vielleicht sollte ich auch noch anmerken,dass meine Kleine ein Alphaweibchen ist und das auch permanent zum Ausdruck bringt (Bein heben beim pinkeln zb.)

Danke

Tanja
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Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 05.11.2015
Hallo Tanja,

oftmals entsteht ein solches Verhalten aus der Angst heraus. Was als defensive Verteidigung begann, endet dann als offensive Aggression. Auch ein Vorstürmen ist dann Bestandteil der Aggression, ebenso ein Beißen. Demutsgesten, wie u.a. das frühere Urinieren fallen gänzlich weg. Der Hund lernt seinen Stress durch die Attacke zu regulieren und Ihre Hündin lernt, dass Sie dann regulierend eingreifen.

Was hat den an der Methode, mit der Hündin an der Leine zur Tür zu gehen , nicht funktioniert? Wie sind Sie vorgegangen, wo lagen die Schwierigkeiten?

Aber Sie können auch einmal versuchen, fremden Besuch "schön zu füttern". Stellen Sie sich in der Nähe der Tür eine Schüssel mit Leckerlis hin. Diese Sorte Leckerli sollte etwas ganz besonderes sein, etwas was Ihre Hündin gerne hat, aber ansonsten nicht bekommt. Wenn nun unbekannter Besuch kommt, dann bitten Sie diesen Ihrer Hündin ein paar Leckerlis hinzuwerfen. Der Besuch wirft die Leckerlis erst hin, wenn Ihre Hündin nicht bellt und nicht droht. Ob Sie das erreichen, indem Sie die Hündin in ein Ruhesignal nehmen oder sie bitten zu warten, kommt auf Ihre Zusammenarbeit und auf Ihre Hündin an. Erst dann betritt der Besuch die Wohnung. Wie man ein solches Ritual aufbaut, ob man nach der ersten Leckerligabe dann Ihre Hündin auf die Decke schickt, oder ob der Besuch sich "werfender" Weise nach vorne "kämpft", wäre dann vor Ort zu entscheiden. Wenn Sie mit Clicker arbeiten, könnten Sie jedes gewünschte Verhalten "clickern".

Sie erreichen dadurch eine Umkehr der Kontrolle. Während Ihre Hündin im Moment kontrolliert, damit der Besuch sich nicht selbständig in der Wohnung bewegt, kann Sie nun eine positive Erwartungshaltung aufbauen.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
www.wolf-inside.de
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MINNIE14 | Fragesteller/in
schrieb am 05.11.2015
Wenn ich den Besuch mit ihr an der Keine begrüße,greift sie sofort an,wenn der Besuch ein Fremder ist.Dann wirft sie sich so stark ins Halsband,dass sie keine Luft mehr kriegt.
Auch mit Leckerlies vor der Türe habe ich es schon probiert.Sie nimmt die Keckerlies und sobald alle weg sind wird zugebissen.
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Gabriele Holz | Hundetrainer/in
schrieb am 06.11.2015
Hallo,

zuerst sollten Sie daran arbeiten, wieder die Führung innerhalb der Wohnung zu übernehmen. Denn im Endeffekt ist Ihre Hündin ja im Moment der Meinung für die Sicherheit zuständig zu sein und Fremde nicht in der Wohnung zu dulden. Für die Führungsaufgabe sind klare Strukturen und Konsequenz wichtig. Das hat nichts mit strafen, runterdrücken oder dominieren zu tun.
Um die Führung zu übernehmen müssen Sie für die Sicherheit sorgen. Sicherheit geben Sie Ihrer Hündin, indem Sie sie keinen Reizen aussetzen, gegen die sie starke Abneigungen hat. Sie dürfen es nicht zulassen, dass Ihre Hündin mit ihren Abneigungen konfrontiert wird und sie Verteidigungsverhalten für angebracht halten muss. Sie dürfen daher Reaktionen Ihrer Hündin gar nicht erst aufkommen lassen und müssen die Umgebung entsprechend managen.´

Nichts im Leben ist umsonst. Lassen Sie Ihre Hündin für alles arbeiten. Für Futter, für Streicheleinheiten, für Spiel, fürs Gassigehen, für Aufmerksamkeit etc. Verlangen Sie eine kleine Übung von ihr, entweder Sitz, Platz, Touch oder etwas anderes. Wichtig hierbei ist eine gute Grundstimmung. Alles sollte im freundlichen Ton und spielerisch geschehen. Kommt Ihre Hündin Ihrer Anweisung nicht nach, dann kommt ein "Schade" und die Interaktion mit ihr wird abgebrochen. Warten Sie dann ein Weilchen, bis Sie ihr wieder eine Aufgabe anbieten. Überlegen Sie sich, was Ihrer Hündin wichtig ist, was sind ihre "Lieblingsbelohnungen". Das kann das Liegen auf der Couch sein, ein Spaziergang, Zuwendung, ein bestimmtes Spielzeug etc. Vielleicht gelingt es Ihnen auch eine Rangliste der 10 besten Belohnungen anzufertigen.

Nehmen Sie sich Raum. Ihre Hündin hat eine Decke, die auch in dieser Übung unangetastet bleibt. Liegt sie nicht auf ihrer Decke, machen Sie ihr den Platz streitig. Breiten Sie sich aus. Stellen Sie Ihren Stuhl so auf diese Stellen, dass es ihr unbequem ist. Legt sie sich woanders hin, aber nicht auf ihre Decke, wiederholen Sie die Prozedur. Bleiben Sie dabei gelassen, reagieren Sie selbstverständlich, ohne Ihre Hündin aufzufordern.

Arbeiten Sie noch einmal an der Beißhemmung. Nimmt Ihre Hündin ein zwischen den Fingern gehaltenes Leckerli sanft? Wenn nicht, dann sollten Sie dies trainieren. Berührt sie dabei Ihre Haut, stoßen Sie einen Schmerzenschrei aus und gehen mitsamt dem Leckerli aus dem Raum. Klappt das mit dem Leckerli, kann es auch ein Zerrspiel sein oder der Ball oder ähnliches. Bleiben Sie konsequent, auch wenn sie glauben, dass Ihre Hündin nur aus Versehen Ihre Hand erwischt hat. Reduzieren Sie Spaß und Spiel außerhalb der Übungszeiten, damit diese für Ihre Hündin wichtiger sind. Für Zerrspiel nehmen Sie nur ein dafür bestimmtes Spielzeug, das ihr ansonsten nicht zur Verfügung steht. Bei den kleinsten Berührungen Ihrer Haut oder Ihrer Kleidung, geben Sie den Schmerzensschrei von sich und gehen aus dem Raum.

Trainieren Sie "Schau", "Sitz" und "Lass das". Bauen Sie diese Signale sehr positiv auf. Ihre Hündin sollte diesen Signalen immer freudig nachkommen. Sollten diese Worte schon mit Druck verbunden sein, sollten Sie andere Worte wählen. Ihre Hündin sollte beim Ausführen dieser Signale immer toll belohnt werden und diese Aufgaben als tolles Spiel begreifen. Diese Aufgaben sollten unter ablenkungsfreier Umgebung aufgebaut werden, danach die Ablenkung steigern und letztendlich eine Signalkontrolle erreichen, so dass Ihre Hündin diese Signale immer und überall unter allen Bedingungen ausführen kann, freudig ausführen kann.

Trainieren Sie die Impulskontrolle. Lassen Sie Ihre Hündin abwarten, bevor sie etwas Tolles machen kann. Dies können Suchspiele sein, Hütchenspiele, warten, bis ein Leckerli genommen werden darf, warten, bis hinter dem Ball her gehetzt werden kann.

Bringen Sie Ihrer Hündin bei, dass ein Lächeln Ihrerseits etwas Gutes verheißt. Belohnen Sie Ihre Hündin immer mit einem Lächeln. Immer wenn Sie Ihre Hündin anlächeln, sollte auch eine Belohnung folgen. Trainieren Sie das so lange, bis Ihre Hündin auf Ihr Lächeln mit erkennbar freudiger Erwartung reagiert.

Trainieren Sie Ihrer Hündin einen Maulkorb auf. Dies sorgt dafür, dass Sie die Übungen stressfreier, da angstfreier bewältigen können.

Hängen Sie ein Schild an die Tür und bitten Sie Besucher nicht zu klingeln, sondern sich durch ein kurzes Telefonat anzukündigen. Bekannte Besucher dürfen weiterhin klingeln oder klopfen. Bitten Sie diese jedoch dies auf unterschiedliche Weise zu tun. Dadurch kündigt das Klingeln oder Klopfen Ihrer Hündin nicht jedes Mal einen unbekannten Eindringling an. Dies sollten Sie beibehalten, bis Ihre Hündin verinnerlicht hat, dass die Klingel oder das Klopfen nur Bekannte ankündigt.
Gehen Sie bei jedem Klingeln oder Klopfen erst nach drei Sekunden lächelnd zur Tür. Folgt Ihre Hündin freudig und unaufgeregt, wird sie belohnt.

Trainingsschritt 1: Lassen Sie Ihre Hündin drei Meter vor der Tür absitzen und gehen Sie dann auf die Tür zu. Kehren Sie um und belohnen Sie das ruhige Sitzenbleiben. Bellt sie, - "Schade" und unterbrechen diese Übung kurz.
Schritt 2: Arbeiten Sie sich langsam vor bis zur Tür,
Schritt 3: dann berühren Sie die Türklinke und kehren dann zu Ihrer Hündin zurück,
Schritt 4: dann drücken Sie die Türklinke zuerst nach unten, bevor Sie zu Ihrer Hündin zurückkehren und sie belohnen,
Schritt 5: dann öffnen Sie die Tür und schließen sie wieder, kehren wieder zur Ihrer Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 6: Dann öffnen Sie die Tür, gehen einen Schritt nach draußen, wieder zurück, Türe schließen und zur Hündin zurück und belohnen.
Schritt 7: Danach öffnen Sie die Tür, gehen nach draußen, klingeln, schließen die Tür, gehen zu Ihrer Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 8: Diesmal schließen Sie die Tür, wenn Sie klingeln, gehen dann zur Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 9: Nun kann ein Familienmitglied oder eine Bekannte/ein Bekannter die Aufgabe des Klingelns übernehmen, während Sie bei Ihrer Hündin bleiben.
Schritt 10: Wenn auch das klappt, dann verlangen Sie das "Sitz" erst nach dem Klingeln.
Schritt 11: Nun gehen Sie nach dem Klingeln, dem Absitzen zur Tür, öffnen begrüßen den Besucher, der noch bekannt sein sollte, schließen die Tür wieder und belohnen Ihre Hündin.
Schritt 12: Der bekannte Besuch darf reinkommen, wenn Sie wieder bei Ihrer Hündin sind. Der Besuch soll jedoch die Hündin ignorieren, nicht beachten.
Schritt 13: Wählen Sie nun einen Besuch, den Ihre Hündin nur flüchtig kennt.
Schritt 14: Wählen Sie nun unbekannten Besuch.

Ihre Hündin sollte diese gesamten Übungen nur mit Maulkorb durchlaufen. Bitten Sie Ihren Besuch (auch Bekannte und Familie) Ihre Hündin die ersten Sekunden zu missachten und erst dann zu begrüßen, wenn sie vollkommen ruhig und gelassen ist. Die Begrüßung selbst sollte unaufgeregt sein. Arbeiten Sie bitte mit Leine und Geschirr. Ihre Hündin darf unter keinen Umständen in Atemnot kommen. Dennoch können Sie mit der Leine schneller eingreifen. Ich bevorzuge in letzter Zeit Geschirre mit einem zweiten Ring vorne auf der Brust. Die Leine wird dann sowohl auf dem Rücken, als auch an der Brust eingehakt. Dadurch ist ein Umlenken des Hundes sehr gut möglich. Sollte das alles gut klappen, dann erlauben Sie Ihrer Hündin den Besuch zu beschnüffeln. Achten Sie auch hier darauf, dass Ihre Hündin ruhig und gelassen ist.

Ich empfehle, dieses Training mit Clicker oder Markerwort zu durchlaufen.

Gehen Sie die Trainingsschritte langsam durch und gehen Sie erst zum nächsten Trainingsschritt über, wenn Ihre Hündin den Trainingsschritt ruhig, gelassen und unaufgeregt bewältigen kann. Vermeiden Sie in der Trainingsphase unbekannten Besuch. Gegebenenfalls müssen Sie durch Management verhindern, dass Ihre Hündin vorzeitig Kontakt hat. Jede Begegnung mit Fremden in Ihrer Wohnung sollte verhindert werden, da dies das Training an sich gefährdet und Ihre Führung in Frage stellt.

Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
www.wolf-inside.de
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MINNIE14 | Fragesteller/in
schrieb am 06.11.2015
Hallo!

Minnie kennt alle Kommandos, reagiert auf jedes Kommando und bekommt Belohnung. Sowohl in der Hundeschule, als auch in der restlichen Zeit.
Sie nimmt Leckerlies auch sehr sanft, niemals stürmisch.

Sie bleibt auch auf "Platz", wenn Besuch kommt. Solange sie den Besuch sieht zumindest. Sobald der Besuch ausser Sichtweite ist, will sie nach.
Sie will die Situation permanent kontrollieren.
Ohne Maulkorb wird sowieso kein Besuch mehr empfangen.

Das oben empfohlenen Training haben wir bereits mit Hilfe einer Trainerin hinter uns gebracht. Funktioniert auch wunderbar, solange Bekannte auf Besuch kommen. Aber auch nach 3 Monaten Training kein Erfolg bei Fremden. Vor allem kann ich nicht immer auf fremden Besuch verzichten (Handwerker?).

Ich habe auch bereits einen Gitterkäfig besorgt, darin reagiert sie aber mit ständigem Bellen.

Anscheinend werde ich nie fremden Besuch ohne Maulkorb empfangen können.

Trotzdem sehr herzlichen Dank für den Versuch

LG Tanja
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