Hallo,
zuerst sollten Sie daran arbeiten, wieder die Führung innerhalb der Wohnung zu übernehmen. Denn im Endeffekt ist Ihre Hündin ja im Moment der Meinung für die Sicherheit zuständig zu sein und Fremde nicht in der Wohnung zu dulden. Für die Führungsaufgabe sind klare Strukturen und Konsequenz wichtig. Das hat nichts mit strafen, runterdrücken oder dominieren zu tun.
Um die Führung zu übernehmen müssen Sie für die Sicherheit sorgen. Sicherheit geben Sie Ihrer Hündin, indem Sie sie keinen Reizen aussetzen, gegen die sie starke Abneigungen hat. Sie dürfen es nicht zulassen, dass Ihre Hündin mit ihren Abneigungen konfrontiert wird und sie Verteidigungsverhalten für angebracht halten muss. Sie dürfen daher Reaktionen Ihrer Hündin gar nicht erst aufkommen lassen und müssen die Umgebung entsprechend managen.´
Nichts im Leben ist umsonst. Lassen Sie Ihre Hündin für alles arbeiten. Für Futter, für Streicheleinheiten, für Spiel, fürs Gassigehen, für Aufmerksamkeit etc. Verlangen Sie eine kleine Übung von ihr, entweder Sitz, Platz, Touch oder etwas anderes. Wichtig hierbei ist eine gute Grundstimmung. Alles sollte im freundlichen Ton und spielerisch geschehen. Kommt Ihre Hündin Ihrer Anweisung nicht nach, dann kommt ein "Schade" und die Interaktion mit ihr wird abgebrochen. Warten Sie dann ein Weilchen, bis Sie ihr wieder eine Aufgabe anbieten. Überlegen Sie sich, was Ihrer Hündin wichtig ist, was sind ihre "Lieblingsbelohnungen". Das kann das Liegen auf der Couch sein, ein Spaziergang, Zuwendung, ein bestimmtes Spielzeug etc. Vielleicht gelingt es Ihnen auch eine Rangliste der 10 besten Belohnungen anzufertigen.
Nehmen Sie sich Raum. Ihre Hündin hat eine Decke, die auch in dieser Übung unangetastet bleibt. Liegt sie nicht auf ihrer Decke, machen Sie ihr den Platz streitig. Breiten Sie sich aus. Stellen Sie Ihren Stuhl so auf diese Stellen, dass es ihr unbequem ist. Legt sie sich woanders hin, aber nicht auf ihre Decke, wiederholen Sie die Prozedur. Bleiben Sie dabei gelassen, reagieren Sie selbstverständlich, ohne Ihre Hündin aufzufordern.
Arbeiten Sie noch einmal an der Beißhemmung. Nimmt Ihre Hündin ein zwischen den Fingern gehaltenes Leckerli sanft? Wenn nicht, dann sollten Sie dies trainieren. Berührt sie dabei Ihre Haut, stoßen Sie einen Schmerzenschrei aus und gehen mitsamt dem Leckerli aus dem Raum. Klappt das mit dem Leckerli, kann es auch ein Zerrspiel sein oder der Ball oder ähnliches. Bleiben Sie konsequent, auch wenn sie glauben, dass Ihre Hündin nur aus Versehen Ihre Hand erwischt hat. Reduzieren Sie Spaß und Spiel außerhalb der Übungszeiten, damit diese für Ihre Hündin wichtiger sind. Für Zerrspiel nehmen Sie nur ein dafür bestimmtes Spielzeug, das ihr ansonsten nicht zur Verfügung steht. Bei den kleinsten Berührungen Ihrer Haut oder Ihrer Kleidung, geben Sie den Schmerzensschrei von sich und gehen aus dem Raum.
Trainieren Sie "Schau", "Sitz" und "Lass das". Bauen Sie diese Signale sehr positiv auf. Ihre Hündin sollte diesen Signalen immer freudig nachkommen. Sollten diese Worte schon mit Druck verbunden sein, sollten Sie andere Worte wählen. Ihre Hündin sollte beim Ausführen dieser Signale immer toll belohnt werden und diese Aufgaben als tolles Spiel begreifen. Diese Aufgaben sollten unter ablenkungsfreier Umgebung aufgebaut werden, danach die Ablenkung steigern und letztendlich eine Signalkontrolle erreichen, so dass Ihre Hündin diese Signale immer und überall unter allen Bedingungen ausführen kann, freudig ausführen kann.
Trainieren Sie die Impulskontrolle. Lassen Sie Ihre Hündin abwarten, bevor sie etwas Tolles machen kann. Dies können Suchspiele sein, Hütchenspiele, warten, bis ein Leckerli genommen werden darf, warten, bis hinter dem Ball her gehetzt werden kann.
Bringen Sie Ihrer Hündin bei, dass ein Lächeln Ihrerseits etwas Gutes verheißt. Belohnen Sie Ihre Hündin immer mit einem Lächeln. Immer wenn Sie Ihre Hündin anlächeln, sollte auch eine Belohnung folgen. Trainieren Sie das so lange, bis Ihre Hündin auf Ihr Lächeln mit erkennbar freudiger Erwartung reagiert.
Trainieren Sie Ihrer Hündin einen Maulkorb auf. Dies sorgt dafür, dass Sie die Übungen stressfreier, da angstfreier bewältigen können.
Hängen Sie ein Schild an die Tür und bitten Sie Besucher nicht zu klingeln, sondern sich durch ein kurzes Telefonat anzukündigen. Bekannte Besucher dürfen weiterhin klingeln oder klopfen. Bitten Sie diese jedoch dies auf unterschiedliche Weise zu tun. Dadurch kündigt das Klingeln oder Klopfen Ihrer Hündin nicht jedes Mal einen unbekannten Eindringling an. Dies sollten Sie beibehalten, bis Ihre Hündin verinnerlicht hat, dass die Klingel oder das Klopfen nur Bekannte ankündigt.
Gehen Sie bei jedem Klingeln oder Klopfen erst nach drei Sekunden lächelnd zur Tür. Folgt Ihre Hündin freudig und unaufgeregt, wird sie belohnt.
Trainingsschritt 1: Lassen Sie Ihre Hündin drei Meter vor der Tür absitzen und gehen Sie dann auf die Tür zu. Kehren Sie um und belohnen Sie das ruhige Sitzenbleiben. Bellt sie, - "Schade" und unterbrechen diese Übung kurz.
Schritt 2: Arbeiten Sie sich langsam vor bis zur Tür,
Schritt 3: dann berühren Sie die Türklinke und kehren dann zu Ihrer Hündin zurück,
Schritt 4: dann drücken Sie die Türklinke zuerst nach unten, bevor Sie zu Ihrer Hündin zurückkehren und sie belohnen,
Schritt 5: dann öffnen Sie die Tür und schließen sie wieder, kehren wieder zur Ihrer Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 6: Dann öffnen Sie die Tür, gehen einen Schritt nach draußen, wieder zurück, Türe schließen und zur Hündin zurück und belohnen.
Schritt 7: Danach öffnen Sie die Tür, gehen nach draußen, klingeln, schließen die Tür, gehen zu Ihrer Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 8: Diesmal schließen Sie die Tür, wenn Sie klingeln, gehen dann zur Hündin zurück und belohnen sie.
Schritt 9: Nun kann ein Familienmitglied oder eine Bekannte/ein Bekannter die Aufgabe des Klingelns übernehmen, während Sie bei Ihrer Hündin bleiben.
Schritt 10: Wenn auch das klappt, dann verlangen Sie das "Sitz" erst nach dem Klingeln.
Schritt 11: Nun gehen Sie nach dem Klingeln, dem Absitzen zur Tür, öffnen begrüßen den Besucher, der noch bekannt sein sollte, schließen die Tür wieder und belohnen Ihre Hündin.
Schritt 12: Der bekannte Besuch darf reinkommen, wenn Sie wieder bei Ihrer Hündin sind. Der Besuch soll jedoch die Hündin ignorieren, nicht beachten.
Schritt 13: Wählen Sie nun einen Besuch, den Ihre Hündin nur flüchtig kennt.
Schritt 14: Wählen Sie nun unbekannten Besuch.
Ihre Hündin sollte diese gesamten Übungen nur mit Maulkorb durchlaufen. Bitten Sie Ihren Besuch (auch Bekannte und Familie) Ihre Hündin die ersten Sekunden zu missachten und erst dann zu begrüßen, wenn sie vollkommen ruhig und gelassen ist. Die Begrüßung selbst sollte unaufgeregt sein. Arbeiten Sie bitte mit Leine und Geschirr. Ihre Hündin darf unter keinen Umständen in Atemnot kommen. Dennoch können Sie mit der Leine schneller eingreifen. Ich bevorzuge in letzter Zeit Geschirre mit einem zweiten Ring vorne auf der Brust. Die Leine wird dann sowohl auf dem Rücken, als auch an der Brust eingehakt. Dadurch ist ein Umlenken des Hundes sehr gut möglich. Sollte das alles gut klappen, dann erlauben Sie Ihrer Hündin den Besuch zu beschnüffeln. Achten Sie auch hier darauf, dass Ihre Hündin ruhig und gelassen ist.
Ich empfehle, dieses Training mit Clicker oder Markerwort zu durchlaufen.
Gehen Sie die Trainingsschritte langsam durch und gehen Sie erst zum nächsten Trainingsschritt über, wenn Ihre Hündin den Trainingsschritt ruhig, gelassen und unaufgeregt bewältigen kann. Vermeiden Sie in der Trainingsphase unbekannten Besuch. Gegebenenfalls müssen Sie durch Management verhindern, dass Ihre Hündin vorzeitig Kontakt hat. Jede Begegnung mit Fremden in Ihrer Wohnung sollte verhindert werden, da dies das Training an sich gefährdet und Ihre Führung in Frage stellt.
Herzlichst
Ihre Gabriele Holz
www.wolf-inside.de