Junghund reagiert nicht auf mich

Mangelnder Gehorsam ❯ In Gegenwart anderer Menschen
Friedel82 schrieb am 15.08.2015
Guten Tag,
wir haben folgendes Problem:
Unser Hund reagiert draußen nicht auf uns. Sobald er andere Tiere oder Menschen sieht, bleibt er stehen, fixiert und rennt dann auf das Objekt seiner Begierde zu.
Das haben wir bisher probiert:
~ Leckerlies / Wurst: Er schaut nur kurz und ignoriert dann weiter.
~ Lieblingsspielzeug: Er ignoriert.
~ Ansprache leise / laut: Er ignoriert.
~ Weggehen in andere Richtung: Er blockiert mit seinem Körper und unterbricht sein Verhalten nicht.
~ Leine kurz / lang / Schleppleine: Er ignoriert.
~ Leinenruck: Er ignoriert.
~ Auspowern vor dem Spaziergang durch Dummytraining: Er ignoriert.
~ Stehen bleiben: Er ignoriert.
~ Richtungswechsel: Er blockiert und unterbricht sein starren nicht oder rennt weiter in die Richtung seines Objektes.

Zuhause ist er absolut folgsam, sehr lernwillig, kennt viele Kommandos.
Auf die Couch darf er nur, wenn wir es erlauben.
Durch die Tür geht er immer als letzter.
Er bekommt sein Futter, nachdem wir gegessen haben.
Gespielt wird nur, wenn wir mit dem Spiel beginnen.
Neben Dummytraining auf der Wiese machen wir Intelligenzspiele, Gehorsamkeitsspiele, Geduldsspiele etc.
Täglich gehen wir 4 - 5 mal mit ihm raus, je 30-45 Minuten.

Auf anraten eines Tierarztes haben wir sein Futter umgestellt, auf weniger energiereiches Futter. Kein Erfolg.

Auf anraten mehrerer Tiertrainer- und Coaches habe ich ihn, um ihn aus seiner Erstarrung / Fixierung zu bekommen, auf den Rücken gelegt. Er sprang sofort wieder auf und setzte sein Verhalten fort. Und ein Nachbar brüllte mich an und sagte, ich würde meine Hund misshandeln. Erklärungsversuche lies er nicht gelten und macht mich seitdem bei anderen Nachbarn schlecht.

Die Nachbarn beobachten uns sehr genau und reden schon hinter unserem Rücken schlecht. Wir haben den Hund nicht unter Kontrolle, beschäftigen uns zuviel / zu wenig mit ihm, wir seien Tierquäler etc. Das belastet mich sehr.

Wir lieben unseren Hund und wünschen uns, dass die Zusammenarbeit zwischen uns und unserem Hund besser wird.

Was raten sie uns?
16 Antworten
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Friedel,
vielen Dank für die ausführliche Schilderung Ihres Problems.
Auf die Meinungen der Nachbarn würde vorerst mal nichts geben.
Es gibt allerdings einiges, was ich nicht so recht verstanden habe:
Wie blockiert er mit seinem Körper, wenn Sie in die andere Richtung gehen?
Was genau hat nicht funktioniert mit der Schleppleine?
Wenn er an der Leine ist und Sie die Richtung wechseln, wie kann er dann immer noch in die andere Richtung rennen?
Etwas ist mir aufgefallen: Sie beschäftigen sich viel mit dem Kleinen, was an sich ja gut ist. Aber könnte es sein, dass Sie ihm zuviel Aufmerksamkeit geben? Das würde erklären, dass er Ihnen keine Aufmerksamkeit schenkt.

Auf Ihre Antwort freut sich
Ellen Mayer
www.lesloups.de

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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Frau Mayer,

vielen, vielen Dank für die rasche und freundliche Antwort :)

Schleppleine: Da er an der Schleppleine viel Bewegungsfreiheit hat, sozusagen selbstbestimmter ist, war meine Überlegung, dass dann eher reagiert. Sozusagen: Kurze Leine = Wenig Bewegungsfreiheit = Erst recht oppusitionelles Verhalten. Lange Leine = Viel Bewegungsfreiheit = Eher folgsames Verhalten.

Blockieren: Entweder stellt er sich mit seinem ganzen Gewicht gegen den Zug der Leine oder er legt sich hin. Ich gehe dann trotzdem weiter und schleife ihn hinter mir her.

Richtungswechsel: Wenn ich nach rechts gehe, zieht er weiter in die Richtung, in die er will, z.B. nach links. Ein Richtungswechsel beeindruckt ihn überhaupt nicht.

Ja, wir schenken ihm viel Aufmerksamkeit. Aber wenn wir keine lust / Zeit haben, uns mit ihm zu beschäftigen, dann schicken wir ihn in die (offene) Hundebox, seine Rückzugsort. Dort schläft er dann meistens.

Bei Spaziergängen beachte ich ihn nicht, rede auch nicht mit ihm, damit er sich besser auf mich konzentrieren kann. Früher habe ich ihm unterwegs Kommandos wie rechts, links stop gesagt, was ihn nur aufgedreht hat. Auch Lob dreht ihn vollkommen auf. Seitdem ich ihn beim Spazieren vollkommen ignoriere, schaut er immer wieder aufmerksam zu mir hoch.

Wir haben schon viel mit ihm erreicht und viel von ihm gelernt, unzähliche Ratgeber verschlungen und, wie gesagt, mit Hundetrainern / Coaches gesprochen und trainiert. Aber sein starren / blockieren wurde nie besser.

Mein Mann sagte mir auch bereits, ich soll auf das Gedede der Nachbarn nix geben. Aber es trifft mich sehr, hinter meinem Rücken als Tierquälerin betietelt zu werden oder angebrüllt zu werden.

Liebe Grüße

Friedel

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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Friedel,
natürlich hat ein Hund an der langen (Schlepp) Leine sehr viel mehr Freiheit. Das Ziel des Schleppleinentrainigs ist es aber, das Herankommen , oder, wie in Ihrem Fall, die Aufmerksamkeit zu trainieren. Erstens kann er dann nicht mehr weg und zweitens kann man das Herankommen oder die Aufmerksamkeit erzwingen und natürlich auch sofort belohnen. Der Hund hat einfach keine Chance mehr, dem Objekt seiner Begierde zu folgen.
Wenn Sie mit der Schleppleine zügig die Richtung wechseln, hat der Hund keine Chance, stehenzubleiben oder sich gar hinzulegen. Sie sind schneller und er muss sich auf Sie konzentrieren. Achten Sie nicht auf ihn, gehen Sie einfach weiter.
Wenn er blockiert, schleifen Sie ihn nicht hinterher sondern bleiben Sie einfach mal stehen, halten die Leine aber gespannt bis es ihm unangenehm wird. Wichtig dabei ist, dass Sie nicht ziehen, sonst zieht er dagegen und es wird ein Tauziehen. Sie lassen ihn nur nicht hin, wo er hin will, achten aber wieder nicht auf ihn. Er ist praktisch an Ihnen angebunden und kann nicht weg. Es kann etwas dauern, aber er wird nachgeben. Sobald die Leine locker ist, gehen Sie weiter in Ihre Richtung. Sie werden sehen, der Zeitraum, bis er nachgibt, wird immer kürzer werden.
Haben Sie es schon mit einem Futterbeutel versucht, aus dem er alles Futter während des Spaziergangs erhält, wenn er mit Ihnen zusammenarbeitet?

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de

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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Frau Mayer,

ja, ich hatte zu Beginn einen Leckerliebeutel am Gürtel, mit welchem ich versucht habe, positives Verhalten zu belohnen. Nur leider reagiert er nicht darauf.
Ja, ich bin sehr vorrausschauend mit ihm gegangen und habe schnell reagiert- umgedreht, Richtungswechsel. Er hatte aber sehr schnell raus, das ein Richtungswechsel bedeutete: Da muss irgendwo was interessantes sein. Also drehte er sich immer wieder um, bis er sah, warum wir weggingen.
Zur Zeit bleibe ich einfach stehen und ignoriere ihn und sein ziehen, um ihm zu zeigen, dass es sich für ihn nicht lohnt und dass er so nicht zum Ziel kommt. Es interessiert ihn nicht. Solange das Objekt der Begierde in sichtweite ist, konzentriert er sich voll und ganz darauf. Und hält die Leine auf Zug. Ist das Objekt weg, ist er total aufgedreht.
2x, ganz zu Anfang, lies er sich wegführen. Zwar nicht perfekt, aber immerhin.
Es ist, als ob er die ganze Welt um sich herum ausblendet, in einem Hyperfokus verharrt.

Ich danke Ihnen, dass sie mich nicht verurteilen und mir weiterhelfen.

LG

Friedel
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Friedel,
einen Leckerlibeutel meine ich nicht mit einem Futterbeutel. Einen Futterbeutel muss er zu Ihnen bringen und bekommt dann keine Leckerchen, sondern sein tägliches Futter. Zuhause bekommt er dann kein Futter mehr, nur noch unterwegs.
Der Sinn ist, dass der Hund sich erstens sein Futter erarbeiten muss und zweitens wird Herrchen oder Frauchen interessanter. Leckerchen interessieren Hunde oder auch nicht. Futter ist lebenswichtig und interessiert die meisten Hunde immer, vor allem, wenn sie zuhause nichts bekommen und hungrig sind.
Wenn Sie die Richtung nur wechseln, wenn irgendetwas den Hund interessiert, wird er das natürlich schnell rausgefunden haben. Wenn sie es aber immer wieder zwischendurch üben, wird er aufmerksamer werden.

Liebe Grüße
Ellen Mayer
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Frau Mayer,

entschuldigung, ich hatte Sie falsch verstanden. Wir nennen ihn nicht Futterbeutel sondern Futterdummy.
Ja, den Dummy habe ich bei Spaziergängen immer dabei, gefült mit Geflügelfleischwurst; die mag er besonders gern und bekommt sie ausschließlich draußen, wenn er den Dummy bringt und ablegt. Auf die ist er ganz wild :) Nützt aber nix bzw. ist uninteressant, wenn er einen anderen Hund / Mensch / anderes Tier sieht. Schon ein paar mal probiert. Auch das eigentliche Futter haben wir versucht, ihm nur noch draußen zu geben, haben aber nach 5 Tagen abgebrochen, weil er draussen rein gar nix gefressen hat. Keine Sorge, das war unter tierärztlicher Aufsicht.
Spontaner Richtungswechsel, zwischen parkenden Autos, an der Strasse oder im Feld, sorgen dafür, dass er sofort blockiert. Habe wir zu Beginn der Schwierigkeiten versucht, als Aufbau zum Training mit Ablenkung. Nach mehreren Wochen haben der damalige Trainer und wir abgebrochen und uns der Baum-Technik zugewand. Auch nach mehrere Wochen kein Erfolg.
Ich möchte nicht, dass es so rüberkommt, als wäre er ein total sturer und herrschsüchtiger Hund. Im Gegenteil. Zuhause ist er folgsam, sehr aufmerksam und ein wahrer Engel.

Ich danke Ihnen für die Zeit, welche Sie sich nehmen.

Ganz liebe Grüße

Friedel
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Friedel,
so kommt es sicher nicht rüber :-)
Es ist aus der Entfernung sehr schwer, zu beurteilen, warum das Problem besteht. Ich kann nur mit ähnlichen Problemen vergleichen, die ich aus der Hundeschule oder von meinen Hunden kenne.
Haben Sie einen Garten und wenn ja, wie sieht es dort aus mit der Aufmerksamkeit?

Liebe Grüße
Ellen
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Ellen,

wir haben einen sehr großen Balkon. Dort funktoniert alles sehr gut. Unser Hund ist oft dort, schaut sich die Natur an oder liegt zu meinen Füßen, wenn ich lese. Wenn wir hier Kommandos trainieren, schaut er bei Geräuschen, wie z.B. Eichhörnchen oder Spaziergängern, nur kurz hin und richtet dann seine Aufmerksamkeit mir zu.

Wisse Sie, ich habe oft mit Depressionen zu kämpfen. Kann es sein, dass unser Kurzer dies spürt und draußen deswegen die Führung übernehmen will? Denn auch wenn ich draußen ruhig und souverän wirke, innerlich ist jeder soziale Kontakt für mich angstbesetzt und bedrohlich. Deswegen setzt mir das Gerede der Nachbarn noch mehr zu als einem "Nomalsterblichen".

Ganz liebe Grüße,

Friedel & Familie
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 15.08.2015
Hallo Friedel,
das ist natürlich eine Möglichkeit. Hunde haben da sehr starke Antennen. Wie benimmt er sich denn, wenn Hunde oder Menschen entgegekommen?

Liebe Grüße
Ellen
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 16.08.2015
Hallo Ellen,

er bleibt stehen, starrt auf den kommenden Menschen / das Tier und bewegt sich nicht. Dabei sieht er total angespannt aus. Und dann, irgendwann, versucht er mit aller Gewalt dorthin zu kommen. Er bellt nicht, knurrt nicht, er zieht mit aller Kraft. Dann reagiert er auf nichts mehr. Ist das Objekt der Begierde nahe genug heran, beginnt er, mit seine Rute zu wedeln, springt und es sieht so aus, als wolle er spielen / begrüßen. Wenn ein Spaziergänger oder Fahrradfahrer auf ihn reagiert, anspricht oder stehen bleibt, ist er erst recht aus dem Häusschen und versucht, denjenigen abzuschlecken. Tiere, die Nahe genug sind, werden ausgiebig beschnüffelt und zum spielen aufgefordert.
Ich kann nicht verstehen, dass er nach so langer Zeit (Leinentraining, seitdem wir ihn haben), noch immer so reagiert. Durch sein Ziehen hat er in den seltensten Fällen ein Erfolgserlebnis.
Wenn er nicht an sein Ziel kommt, beißt er Grasbüschel heraus, fiept, buddelt oder hebt sei Bein. Es sieht für mich so aus, als seien dies Übersprungshandlungen, um Frust auszudrücken / abzubauen.
Gestern war ich mit auf einer großen, abgelegenen Wiese, wo sehr wenig Publikumsverkehr ist, und habe ihn an der Schleppleine Hund sein lassen. Er durfte eine halbe Stunde nach Herzenslust schnüffeln, buddeln, rennen und Insekten fangen. Irgendwann näherten sich 2 Personen mit 2 Hunden- das Spiel ging wieder von vorne los, also kann es nicht daran liegen, dass er unausgelastet ist.

Was mir grade einfällt: Er ist ein kleiner Kontrollfreak. Früher, als Welpe, folgte er uns überall hin und jaulte und heulte, wenn wir aus dem Haus gingen. Wir liessen uns daraufhin vom Tierarzt und Fachhandel beraten, schlossen die Tür, wenn wir den Raum verliessen und beachteten ihn beim wiederkommen nicht mehr. Er bekam ein sog. Hormonhalsband, was beruhigend auf Hunde wirken soll und kauften eine sehr große Hundebox, welche wir mit getragener Kleidung und Leckerlies auslegten. Nach 3 Tagen war das Problem gelöst, wenn wir gingen, legte er sich in die Box, drehte sich auf den Rücken und schlief.
Jetzt beobachtet er uns meistens, wenn wir im selben Raum mit ihm sind und versucht weiterhin, uns zu folgen, lässt sich aber ohne große Bockigkeit in seine Box schicken. Die erlässt er aber, wenn wir die Tür schließen und legt sich vor die Tür.
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 16.08.2015
Ich schreibe mal eine Anamnese, vielleicht ist das hilfreich:

Wir holten ihn mit 9 Wochen zu uns. Seine Eltern haben, was die Besitzer nicht wussten, in der Läufigkeit der Mutter zueinander gefunden (Elterntiere snd um die 6 Jahre alt) und irgendwann wunderte sich die Besitzerin, dass ihr Hündin so zunimmt; tada, schwanger :) Die Besitzerin ist schwer krebskrank und hat ein eigenes Haus mit Garten, indem die Tiere rumtollen. Beide Elternteile sind sehr gut sozialisiert und freundlich. Der Rüde ist ruhig und eher dominant, die Hündin sehr aufgedreht und bewegungsfreudig. Von Anfang an hatten siwe Welpen Kontakt zu Menschen.
Die Besitzerin hat viele Fragen gestellt und sich ausgiebig mit uns unterhalten, bevor sie uns sagte, wir dürfen uns einen Welpen aussuchen. Wir zahlten einen angemessenen Preis (400€) und ich holte ihn mit dem Auto ab. Er saß auf der Rückbank in seinem Geschirr und an einem Hundegurt. Auf der Fahrt war er ruhig und neugierig. Später mochte er Autofaghren erstmal nicht, hat gebellt und gejault, da haben wir Spielzeug und Leckerlies auf die Rückbank gelegt und sind immer mal wieder ein paar Meter mit ihm gefahren. Wir haben ihn bei Spaziergängen auch immer mal wieder ins Auto rein- und rausspringen lassen.
Unsere Wohnung lag damals im ersten Stock, die erste Zeit haben wir ihn nur 3,4 Stufen erklimmen lassen und den Rest getragen, um seine Gelenke zu schonen.
Die ersten Wochen traue er sich bei Spaziergängen nicht, mehr als ein paar Schritte zu laufen. Das war ok. Meter für Meter wurde er sicherer und ging dann immer weiter mit.
Andere Mensche reagierten freudig auf ihn, blieben stehen, sprachen mit ihm und durften ihn streicheln. Das genoss er sichtlich. Kontakt mit anderen Hunden hatte er von Anfang an auch. Seine Favouriten waren ein junger American Stafford Bullterrier, der mit ihm tobte und auch, wenn es sein musste, mit einem Scheinangriff zurückwies. Mit der Besitzerin gingen wir oft zusammen spazieren. Und eine ruhige Rottweilerdame, die sich mit Engelsgeduld beschnüffeln, beknabbern und bespielen lies. Zwischendurch rannte er auch mit anderen Welpen über die Wiesen.
Ungefähr 2x in der Woche fuhren wir mit ihm zum Hundestrand. Dort gab es einmal einen Beisunfall und er musste operiert werden. Hat er sehr gut überstanden, musste ein paar Wochen eine Halskrause tragen. In dieser Zeit ging das Leben weiter wie bisher.
Über mehrere Wochen haben wir ihn bei Spaziergängen ein Halti angelegt und liessen uns von einer Hundetrainerin zeigen, wie es zu handhaben ist. Leider dachten daraufhin viele Menschen, dies sei ein Maulkorb. Um ihn nicht in Verruf kommen zu lassen und dadurch Hundekontakte zu verlieren, nahmen wir das Halti wieder weg. Er hat es daraufhin gefunden und auseinander genommen.
Als Welpe klaute er alles, was er bekommen konnte und zerbiss es. Schuhe, Socken, Kugelschreiber. Wir packten daraufhin alle gefährdeten Sachen außer seiner Reichweite.
Wenn er allein war, zerlegte er aus Frust, wie ich glaube, die Wohnung. Geschimpft haben wir nie, da er den Zusammenhang nicht verstande hätte. Mit Einführung der Hundebox hörte das auf, das Sofa blieb verschont.
Stubenrein wurde er relativ spät, so nach 3 Monaten. Bis dahin haben wir seine Hinterlassenschafte kommentarlos weggewischt. Wir sind sehr früh aufgestanden, um ihn sich draußen lösen zu lassen und haben ihn für jedes Häufchen auf der Wiese gelobt.
An der Leine hat er schon immer gezogen. Wir probierten es mit der Baum-Methode, mit Richtungswechsel, Leckerlies, Leinenruck, Spielzeug- immer mehrere Wochen dieselbe Methode. Er zeigte sich unbeeindruckt.
Tierarztbesuche erfreuen ihn, weil er dort viel zu schnüffeln hat, gestreichelt wird und Leckerlies bekommt. Da seine Analdrüsen sich nicht von selbst leeren, müssen wir sie alle paar Monate vom Tierarzt leeren lassen.
Zu Futtern bekommt er Trockenfutter, da er von Dosenfutter, egal welcher Marke, Durchfall bekommt. Er mag zwischendurch auch Obst und Gemüse (keine Paprika oder Tomaten, da dies für Hunde giftige Stoffe enthält). Beim Futter achten wir auf die Zusammensetzung und chauen, wie Stiftung Warentest das Futter bewertet. Da zählt für uns ncht der Preis, sondern der Nährwert und die Inhaltsstoffe.
Wir sind in eine ebenerdige Wohnung gezogen, damit er, wenn er irgendwann alt ist, keine Stufen mehr steigen muss. Hier, in der neuen Umgebung, hat er leider noch keine regelmäßigen Hundekontakte. Die Hunde reagieren entweder aggressiv oder ohne Interesse. Wir vermuten, dass dies so ist, weil er so wild ist.
Wenn es an der Tür klingelt, bellt er. Besucher bitten wir von vornherein, erst uns zu begrüßen, sich nicht anspringen zu lassen / wegdrehen oder wegschicken, wenn er springt und ihn erst anzusprechen, wenn er sich beruhigt hat. Er nimmt auch Kommandos von fremden Menschen entgegen und befolgt sie.
Zur Zahnhygiene haben wir früher versucht, ihm die Zähne mit Hundezahnpasta und Bürste zu putzen. Das fand er gar nicht gut. Wir sind dann auf Kauspielzeug wie Äste und Sticks aus Rinderkopfhaut umgestiegen; die bekommt er 1x täglich.
Sind seine Krallen zu lang, schneide ich sie selbst mit einer speziellen Zange. Auch das Fell zwischen seinen Pfotenballen schneide ich selbst zurück. Er mag es gar nicht gern, aber er knurrt nicht oder schnappt. Er versucht immer, seine Pfoten wegzuziehen.
Alle 2 Tage wird er mit einer weichen Bürste ordentlich gebürstet. Das genießt er sichtlich.
Als Welpe hatte er Angst vor Mülleimern und der Müllabfuhr. Er jaulte, zog wie verrückt weg und drückte sich an mich. Daraufhin habve ich mit einem Müllmann gesprochen. Dieser hat ihn daraufhin gelockt und gestreichelt. Ich bin ruhig zu den Mülleimern gegangen und habe sie berührt, dasselbe tat ich mit dem Müllwagen. Daraufhin verlor unser Kurzer sofort seine Angst.
Wir haben und wollen keine Kinder, unser Hund ist sozusagen unser Sohn und wir sehen ihn als Familienmitglied. Er darf auch bei uns schlafen.
Seitdem er bei uns ist hat er uns bisher 1x angeknurrt und 1x gebissen, wir vermuten, pubertärer Übereifer. Damals haben wir ihn von der Couch weisen wollen, was ihm nicht passte. Wir haben ihn ausgeschimpft und weggeschickt und eine Weile gar nicht beachtet, das hat gefruchtet.
Andere Tiere sind sehr interessant für ihn. Früher hatten wir Kaninchen. Er war bei der Fütterung immer dabei und hat sih auch beim Auslauf mit den Tieren beschäftigt. Wurde er müde, legte er sich in den Stall, wo er von den Kaninchen geputzt wurde.
Früher leinten wir ihn am Halsband an, stiegen aber schnell auf ein Geschirr um, da er sich unbeeindruckt voll reinhängte und sich so selbst strangulierte. Irgendwan legte ich seine Leine wie eine Schlaufe um seinen Bauch, sodass er den Druck spürte, wenn er zog. Das habe ich aber auf anraten eines Tierarztes wieder aufgegeben. da das Verletzungsrisiko zu hoch ist.
Wenn wir essen, bettelt er nicht, aber er beobachtet uns. Vom Tisch bekommt er nix. Schnüffelt er an den Tellern, schicken wir in weg.

Ich gehe jetzt eine andere Strecke mit ihm, auf der uns nur sehr wenige Menschen und andere Hundehalter begegnen, damit wir ungestörter trainieren können. Er findet jede Umgebung hochinteressant und schnüffelt und markiert was das Zeug hält. Seine Nase ist fast immer auf dem Boden. Leider hört er draußen trotzdem nicht und findet seine Umgebung interessanter als mich.

So, mehr fällt mir zur Zeit nicht ein.

Ganz liebe Grüße

Friedel
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 17.08.2015
Guten Morgen Friedel.
vielen Dank für die ausführliche Anamnese.
Wie schon weiter oben geschrieben, ist es trotzdem sehr schwierig bis unmöglich, das Problem zu erkennen, ohne Sie beide zusammen gesehen zu haben. Ich bin aber der Meinung, dass der Hund ganz genau weiß, wie er Sie "handeln" kann, auch wenn es so aussieht, als würden Sie alles richtig machen.
Dass er an der Leine zieht, verstärkt natürlich das Problem. Ein Hund, der zieht, geht vorne, führt und muss regeln. Lassen Sie ihm einfach keine Chance mehr zum ziehen. Wenn er mal in der Leine hängt, kann man ihn nur noch mit Kraft regeln. Lassen Sie deswegen nicht mehr zu, dass er Sie überholt. Er hat, außer an der Schleppleine, neben oder hinter Ihnen zu gehen. Nehmen Sie dazu eine etwas längere Leine, dann haben Sie mehr Spielraum. Wenn Sie eine kurze Leine nehmen, ist schnell Spannung auf der Leine und der Hund meint,er muss dagegenziehen.
Veruchen Sie vielleicht einmal die Schlauchmethode. Das wirkt allerdings nur, wenn das Timing stimmt. Es funktioniert so:
Schneiden Sie sich mehrere ca. 30 cm große Stücke aus einem Gartenschlauch und stecken sich diese z. B. in den Hosenbund oder eine Tasche. Der Hund geht neben Ihnen. Sobald er versucht, nach vorne zu gehen, werfen Sie ein Schlauchstück vor seine Füße. Normalerweise weicht er dann zurück und man braucht, sobald er das nächste Mal verucht, nach vorne zu gehen, ihn nur noch mit dem Schlauchstück an der Schulter zu berühren. Wenn nicht, werfen Sie das nächste Stück. Aber, wie gesagt, man muss es sehr genau, vor allem nicht zögerlich, machen, sonst verliert es seine Wirkung.

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 17.08.2015
Guten morgen Ellen,

ich bzw. wir wissen um die Schwierigkeiten einer Ferndiagnose und sind ihnen sehr dankbar, dass sie versuchen, uns trotz dieser Schwierigkeiten zu helfen und zur Seite stehen.
Mir wurde bisher immer gesagt, das mein timing bei anderen Methoden gut ist. Die Vermutung liegt nahe, dass sich unser Kurzer sehr schnell auf neue Situationen einstellt und strategisch vorgeht. Klingt komisch, ich weiß.
Die Schlauch Methode klingt gut und logisch, jedoch habe ich die Befürchtung, dass unsere Nachbarn dies als erneuten Vorwand sehen, um gegen uns zu hetzen. Mittlerweile gehe ich nur noch in Begleitung meines Mannes mit unserem Hund spazieren.
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 17.08.2015
Sie können auch versuchen, den Hund mit Ihrem Körper zu blockieren. Dazu braucht man aber eine Menge Geduld.
Können Sie nicht wohin fahren, Wald, Feld u.s.w., um dort zu üben? Dann sehen es die Nachbarn nicht.
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Friedel82 | Fragesteller/in
schrieb am 17.08.2015
Hallo Ellen,

mit dem Körper lässt er sich nicht blockieren, haben wir versucht. Wir sind dazu an einer Mauer entlang gegangen. Ist keine Mauer da gewesen, haben wir versucht, ihn mit dem Bein zu blockieren. Erst wechselte er die Seite, als wir dort auch blockierten, versuchte er es mit Geschwindigkeit, als das auch nicht funktionierte, machte er einen Sprung zur Seite, um am Bein vorbei zu kommen. Also haben wir die Leine kürzer genommen- da blieb er einfach stehen, schnüffelte und blockierte voll gegen die Leine. Als er mit uns weiter ging, dasselbe Spiel. Wir haben dann nach 14 Tagen aufgehört.
Woanders hin zu fahren ist eine sehr gute Idee :) Das nimmt mir viel Last und Spannung. Vielen Dank für den Tipp. Ich werde heute herumfahren und ein schönes Plätzchen aussuchen.
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Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 17.08.2015
Super, dann können Sie es ja auch mal mit dem Schlauch probieren :-)
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