Wie kann ich als Rudelführer akzeptiert werden?

Mangelnder Gehorsam
Ally b. schrieb am 25.07.2021
Hallo,

nachdem ich hier schon viele hilfreiche Tipps gelesen habe, wäre ich über Hilfe bei folgendem Problem dankbar: unsere 6 Monate alte Labrador-Hündin zeigt immer wieder aggressives Verhalten mir gegenüber, wenn sie ihren Kopf durchsetzen will, akzeptiert also meine Rudelführerstellung (schon seit Welpenalter an) nicht. Als Hintergrundinformation: Es ist bereits unser dritter Labrador (in Folge, also jeweils Einzelhund), so dass wir dachten, eine gewisse Erfahrung mit Blick auf Konsequenz, Erziehung etc. zu haben, aber dieser Hund stellt mich vor ganz neue Herausforderungen. Ich schreibe bewusst „mich“, da mein Mann als Rudelführer akzeptiert wird, allerdings musste auch er sich bei dieser Hündin mit - im Vergleich zu den vorherigen Hunden - sehr viel Präsenz durchsetzen. In der Hundeschule sind wir natürlich, auch dort wird die Hündin als „nicht einfacher Charakter“ beschrieben. Sie ist ausgesprochen selbstbewusst, hat vor nichts Angst, schon im Welpen-Alter war sie von Beginn an sehr angstfrei, frech und wollte ihren Kopf durchsetzen, andere Welpen wurden beim Freispiel in der Welpenschule regelmäßig und dauerhaft von ihr unterworfen. Sie ist dabei zugleich äußerst intelligent, Übungen, die ihr Spaß machen, lernt sie sehr schnell und gern. Sie kann total lieb und freundlich sein, aber wenn sie sich durchsetzen will, ist sie wie „Dr. Jekyll and Mr. Hyde“.

Ich möchte folgendes aktuelles Beispiel beschreiben: Sie klaut einen Gegenstand vom Tisch, den sie nicht haben darf, aber haben möchte, sämtliche Befehle (Nein, Aus, Abruf), die sie im „Normalfall“ akzeptiert und folgt, werden ignoriert. Sie nimmt ihre „Beute“ und macht sich ein „Jagd“-Spiel daraus, dass ich mich nicht durchsetzen kann. Komme ich dann doch an sie heran und setze den „Aus“-Befehl durch und nehme es ihr weg, geht die „Bürste“ hoch und sie fängt an, nach mir zu schnappen, dreht völlig auf und gerät außer Rand und Band (Zähne fletschen, anspringen, in den Arm schnappen etc.). In der Hundeschule ist mir geraten worden, sie in einer solchen Situation am Halsband festzuhalten und sie mit dem Körper zwischen die Knie zu packen, und dort ruhig zu halten, bis sie ruhig wird und nachgibt - nur ist dieser Punkt kaum zu erreichen, stattdessen fängt sie wütend an zu bellen und versucht, sich windend und weiter schnappend, aus der Situation herauszukommen. Wenn ich es schaffe, sie lange genug zu halten, fährt sie sich irgendwann „runter“, aber ich habe nicht den Eindruck, dass sie wirklich nachgibt, es ist eher ein „na gut, im Augenblick bin ich mal die Klügere, und tue so, als gebe ich nach“, und sie schnappt gerne noch einmal „nach“ zum Abschluss, auch dauert so ein „Kampf“ durchaus mal 5-10 Minuten, d.h., sie gibt also nicht auf. Ähnliche Situationen spielen sich auch in anderen Konstellationen ab, bspw. Beenden des Spaziergangs durch mich, Nichtreagieren meinerseits auf Spielaufforderung, etc.. Frustrationstoleranz in anderen Situationen (bspw. darf sie erst dann an das mit Futter gefüllte Napf, wenn ich nicke, oder durch die Haustür gehen, wenn ich sie dazu auffordere) ist hingegen kein Problem. Wir sind ratlos und würden uns über hilfreiche Tipps wirklich freuen.
1 Antwort
Ellen Mayer | Hundetrainer/in
schrieb am 26.07.2021
Hallo,
so etwas ist natürlich aus der Entfernung sehr schwer bis nicht zu beurteilen. Deswegen kann ich nur raten, was evtl. schief läuft.
Die Hündin ist mitten in der Pubertät. Das ist bei allen Hunden meist eine sehr schwierige Zeit und fordert eine Menge Geduld und Konsequenz. Die Hunde scheinen in der Zeit alles vergessen zu haben was sie zuvor gelernt haben.
Meiner Erfahrung nach sind die echten "Rudelführer" die, welche ruhig, souverän und klar handeln. Wenn viel geredet, gerufen, Kommandos gegeben werden, regt das den aufgeregten Hund nur noch zusätzlich auf und das Ganze ufert oft aus.
Wenn die Hündin also einen Gegenstand klaut und Sie rennen NEIN, AUS, HIER rufend hinterher hat die Hündin nur gelernt, dass Sie hilflos sind und sie tun und lassen kann, was sie will.
Da gibt es zwei Möglichkeiten. Entweder ziehen Sie ihr zuhause eine Hausleine an, die Hündin klaut was und Sie nehmen sie, ohne viel zu reden, an der Leine und bleiben stehen, ohne die Hündin weiter zu beachten. Hat sie sich beruhigt, nehmen Sie ihr den geklauten Gegenstand ab.
Oder Sie versuchen es, indem Sie einen Gegenstand, ein Leckerchen oder ein Lieblingsspielzeug der Hündin, nehmen und sich ganz intensiv damit beschäftigen ohne die Hündin zu beachten. Wenn sie neugierig wird und zu Ihnen kommt, tauschen Sie.
Sehr wichtig ist, dass Sie sich nicht auf ein Jagdspiel einlassen. Das gewinnt die Hündin immer.
Gerne können Sie mich telefonisch oder über meine Website kontaktieren und mir ein Video zusenden. Dann könnte ich Ihnen sehr viel besser weiter helfen.

Liebe Grüße
Ellen Mayer
www.lesloups.de
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