Ab dem 22. November 2022 ist es offiziell: Es gilt eine neue Gebührenordnung für Tierärzte (kurz: GOT). Nachdem bereits am 14. Februar 2020 Anpassungen vor allem hinsichtlich der Gebührensätze für den tierärztlichen Notdienst durchgeführt wurden, wird die GOT nun umfassend überholt. In diesem Artikel informieren wir Sie darüber, warum es überhaupt eine Gebührenordnung für Tierärzte gibt, welche Änderungen auf Sie zukommen könnten und wie Sie sich darauf vorbereiten können.
Inhaltsverzeichnis:
- Gebührenordnung für Tierärzte – was ist das überhaupt?
- Gebührenordnung für Tierärzte – wie funktioniert sie?
- Neue Gebührenordnung für Tierärzte – warum?
- Anpassungen 2020: Stärkung des tierärztlichen Notdienstes
- Schwierige Arbeitsbedingungen
- Anpassungen der GOT 2020 – was hat sich geändert?
- Anpassungen ab November 2022: Generalüberholung
- Woher kommen die neuen Beträge?
- Ist die neue Gebührenordnung für Tierärzte 2022 zu teuer?
- Neue GOT 2022: Das hat sich geändert
- Welche Tierarztkosten kommen auf mich zu?
Gebührenordnung für Tierärzte – was ist das überhaupt?
Die Gebührenordnung für Tierärzte bildet einen gesetzlichen Rahmen, in dem Tierarztpraxen und -kliniken ihre Leistungen abrechnen dürfen bzw. müssen. Tierärztinnen und Tierärzte leisten mit Ihrer Arbeit einen wichtigen Beitrag zum Tierschutz, aber auch für die öffentliche Gesundheit, indem sie Nutz- und Heimtieren helfen und ansteckende Krankheiten früh erkennen und bekämpfen. Durch gesetzlich vorgegebene Gebühren soll dieser wichtige Beruf trotz teilweise schwieriger Arbeitsbedingungen attraktiv bleiben. Eine angemessene Vergütung ermöglicht es den Tierärztinnen und Tierärzten, sich regelmäßig fortzubilden, in die Ausstattung und das Personal der Praxis zu investieren und dadurch die Qualität der tiermedizinischen Leistungen zu halten oder gar zu verbessern. Zudem soll der Gebührenrahmen vermeiden, dass sich Praxen im gleichen Einzugskreis einen Preiskampf liefern. Vielmehr soll ein Wettbewerb tierärztlicher Praxen und Kliniken über die Qualität der medizinischen Dienstleistungen erfolgen und die Preise sollen für die Tierhaltenden transparent und nachvollziehbar sein. Darüber hinaus verhindern gesetzliche Vorgaben, dass Preisverhandlungen zwischen tierärztlichem Fachpersonal und Tierbesitzenden einer schnellen Entscheidung über die Behandlung eines Tieres in die Quere kommen.
Gebührenordnung für Tierärzte – wie funktioniert sie?
Von A wie Allergietest bis Z wie Zahnwurzelbehandlung: In der Gebührenordnung für Tierärzte sind neben einigen allgemeinen Regelungen knapp 1000 Leistungen aufgeführt und mit Preisen versehen. Für jede Leistung gibt es vier Preisstufen, die sogenannten Sätze. Tierärzte entscheiden anhand verschiedener Kriterien, welchen GOT-Satz sie auswählen. Dabei können sie folgende Punkte berücksichtigen:
- Wie schwierig war die Leistung?
- Hat es länger als gewöhnlich gedauert, die Leistung zu erbringen?
- Wann wurde die Leistung erbracht?
- Welchen Wert hat das Tier?
- Wie sind die örtlichen Verhältnisse?
Es kann also bei der Auswahl des GOT-Satzes beispielsweise eine Rolle spielen, wie umgänglich Ihr Hund oder Ihre Katze ist, ob bei einer Behandlung Komplikationen auftreten, wann die Maßnahme erfolgte, ob teure moderne Geräte eingesetzt werden oder wie hoch die Mieten am Standort der Praxis sind. Eine Behandlung besteht dabei meistens aus mehreren Schritten. Beispielsweise kann eine Tierärztin oder ein Tierarzt für Hundeimpfungen eine allgemeine Untersuchung mit Beratung, eine Injektion sowie ggf. das Ablesen des Microchips und das Eintragen in den Impfausweis abrechnen. Zu den Kosten für tierärztliche Leistungen, die in der Gebührenordnung für Tierärzte vorgegeben sind, kommen noch die Preise der angewandten Materialien, wie beispielsweise Spritzen, Verbände oder Tupfer sowie Entgelte für Arzneimittel hinzu. Falls Untersuchungen bei einem Labor beauftragt werden, werden die Barauslagen für diese Aufträge extra berechnet. Zur Endsumme wird dann noch auf alle einzelnen Posten die Mehrwertsteuer addiert.
Neue Gebührenordnung für Tierärzte – warum?
Immer wieder wurde die Gebührenordnung für Tierärzte kleinschrittig angepasst, zuletzt vor zwei Jahren und davor im Jahr 2017. Für Kleintierbesitzer war damals (2017) vor allem eine pauschale Erhöhung der Preise um zwölf Prozent relevant. Dies war nach neun Jahren ohne Änderung notwendig, um unter anderem die gestiegenen Praxiskosten, beispielsweise für medizinische Geräte, Personal, Versicherungen, Entsorgung und Energie, zu decken. Die Anpassung 2020 fokussierte sich vor alle auf die Gebührensätze des tierärztlichen Notdienstes, die Anpassungen in diesem Jahr führen zu Änderungen in fast allen Gebührensätzen des Gebührenverzeichnisses. So umfassend wie jetzt wurde die Gebührenordnung zuletzt 1999 angepasst – und seitdem hat sich doch sowohl wirtschaftlich als auch (tier-)medizinisch Einiges getan.
Übrigens wird mit dieser Version auch auf das sich verändernde Berufsbild eingegangen. Der Frauenanteil in der Tierärzteschaft steigt seit Jahren. Somit heißt die neue Ordnung auch Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte. |
Anpassungen 2020: Stärkung des tierärztlichen Notdienstes
Am 20. Dezember 2019 verabschiedete der Bundesrat eine Änderung der Gebührenordnung für Tierärzte, nach der Veröffentlichung im Bundesgesetzblatt am 13. Februar 2020 galt sie offiziell. Das Ziel der Änderungen: Den tierärztlichen Notdienst stärken. Wie wir bereits in unserem Artikel „Tierärztlicher Notdienst in Not“ berichteten, nahm die Zahl, der Praxen und Kliniken, die Ihren Vierbeiner nachts und an den Wochenenden versorgen können, in den vergangenen Jahren ab. Manche Tierhaltende müssen im Notfall lange Strecken in Kauf nehmen, damit ihrem Liebling geholfen wird – und manchmal zählt jede Minute, um ein Leben zu retten. Aus Gründen des Tierschutzes, aber auch, um die öffentliche Gesundheit im Falle eines Seuchenausbruchs bei (Nutz-)Tieren zu sichern, wollte die Bundesregierung mit der Änderung der Gebührenordnung für Tierärzte dieser Entwicklung damals entgegenwirken.
Schwierige Arbeitsbedingungen
Die Arbeitskraft, mit der tiermedizinisches Fachpersonal Heimtiere auch zu später Stunde versorgen, die Räumlichkeiten, die medizinischen Geräte – all das kostet Geld. In der Vergangenheit ging die Rund-um-die-Uhr-Versorgung oft damit einher, dass Tierärztinnen und Tierärzte viele, teils unbezahlte Überstunden machten, um Allzeit für Ihren Hund oder Ihre Katze da zu sein. Auf Dauer schadet das nicht nur der Gesundheit des Personals, sondern gefährdet trotz größtmöglicher Sorgfalt auch die Patienten. Um für den Notdienst mehr Personal einstellen und somit alle Dienste gemäß Arbeitszeitgesetzen und zu angemessenen Gehältern besetzen zu können, müssen Tierarztpraxen und -kliniken monatlich rund 60.000 Euro zusätzlich zum „normalen“ Umsatz erwirtschaften. Je nach Auslastung einer Notdienstsprechstunde kann das schwierig werden. Daher unterstützte der Gesetzgeber die Tierärzte mit einer Änderung der Gebührenordnung für Tierärzte.
Anpassungen der GOT 2020 – was hat sich geändert?
Die erste wichtigere Änderung war, dass konkrete Zeiten definiert wurden, zu denen erhöhte Kosten auf die Tierbesitzenden zukommen. Folgende Zeiten sind seitdem als Notdienstzeiten definiert:
- Werktags ab 18 Uhr bis zum nächsten Morgen um 8 Uhr
- An den Wochenenden (Freitag ab 18 Uhr bis Montag 8 Uhr)
- An Feiertagen von 0 bis 24 Uhr
Muss Ihr Tier in diesen Zeiten untersucht oder behandelt werden, gelten auch in der neuen Gebührenordnung für Tierärzte folgende Regeln:
- Bei jedem Behandlungsfall wird eine Notdienstgebühr in Höhe von 50 Euro (zzgl. 9,50 Euro MwSt) fällig. Als Behandlungsfall in diesem Sinne gilt, wenn Sie in der Tierarztpraxis oder in der Tierklinik vorsprechen.
- Tierärztinnen und Tierärzte müssen im Notdienst mindestens den zweifachen GOT-Satz für Ihre Leistungen abrechnen und dürfen maximal den vierfachen GOT-Satz abrechnen.
- Das Wegegeld, das bei Hausbesuchen anfällt, beträgt künftig 3,50 Euro pro Doppelkilometer – mindestens jedoch 13 Euro.
Achtung! Bietet Ihre Tierarztpraxis in der Regel auch außer-notdienstliche Abend- oder Samstagssprechstunden an, kann es sein, dass diese von den Gebührenänderungen NICHT betroffen sind. Fragen Sie am besten bei einer Terminvereinbarung nach.
Anpassungen ab November 2022: Generalüberholung
Zum 22. November 2022 findet eine „Änderung der Tierärztegebührenordnung" (Verordnung des Bundes) statt. Die Gebühren für Leistungen einer tierärztlichen Klinik oder sonstigen tierärztlichen Einrichtung werden damit zum ersten Mal seit über zwanzig Jahren in diesem Umfang geändert. Neuere medizinische Verfahren werden somit im künftigen Gebührenverzeichnis berücksichtigt und die Gebühren an aktuelle Leistungen und Kosten angepasst.
Woher kommen die neuen Beträge?
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft gab eine Studie in Auftrag, um die tierärztlichen Leistungen zu bewerten. Das Ziel: Die neuen Gebühren sollten zumindest die finanziellen Aufwände der Praxisinhabenden decken. Dafür musste jedoch unter anderem zunächst festgestellt werden, welche Leistungen moderne Tierarztpraxen und -kliniken überhaupt anbieten, wie lange die verschiedenen Untersuchungs- und Behandlungsschritte dauern und welche Kosten dabei entstehen.
Die Praxiskosten haben bei den Gebühren einen Anteil von bis zu 75 Prozent. Außerdem sind neben den Gehältern (also ebenfalls Zeitaufwand der Durchführung medizinischer Maßnahmen) Kosten für die Praxisausstattung, Versicherungen, Entsorgungen und Energie zu berücksichtigen. Aber auch Maßnahmen zur Leistungssicherung wie beispielsweise Fortbildungen müssen bezahlt werden können. Anhand all dieser Erkenntnisse wurden die neuen Gebührensätze berechnet.
Ist die neue Gebührenordnung für Tierärzte 2022 zu teuer?
So schmerzhaft es auch für den eigenen Geldbeutel sein mag: Die neu berechnete Gebührenordnung für Tierärzte ist noch sehr maßvoll. So entsprechen die aktuellen Anpassungen noch nicht einmal dem tatsächlichen Inflationsausgleich seit der letzten großen Änderung. Weiterhin sind die Praxiskosten sogar stärker gestiegen als die Inflationsrate. Außerdem sind die Entwicklungen des Jahres 2022, die auch die Behandlungskosten unserer Tiere, die allgemeinen Betriebskosten einer Tierarztpraxis oder -klinik und die Lebenshaltungskosten der Tierärztinnen und Tierärzte sowie ihrer Mitarbeitenden betreffen, nicht berücksichtigt. Entsprechend wären eher noch höhere Gebühren angemessen, da beim Berechnen viele aktuelle Entwicklungen noch nicht bedacht werden konnten.
Übrigens ist auch in der neuen GOT festgelegt, dass der einfache Gebührensatz grundsätzlich nicht unterschritten werden darf. Ihre Tierarztpraxis ist also im Zweifelsfall gezwungen, die Gebühren zu erhöhen - ob nun aufgrund der neuen GOT oder um zu überleben. Damit wird sichergestellt, dass Sie und Ihr Hund oder Ihre Katze sich keinem Preis-Wettbewerb ausgesetzt sehen. Stattdessen erfolgt der Wettbewerb basierend auf der Leistung der Tierarztpraxis, was der Qualität tierärztlicher Behandlungen und damit der Gesundheit Ihres Lieblings zuträglich ist.
Neue GOT 2022: Das hat sich geändert
Aus den eben beschrieben Gründen wurde grundsätzlich die Berechnungsgrundlage für den 1-fachen Satz deutlich erhöht. Bei ungefähr 84 Prozent der Leistungen bedeutet die Anpassung eine Erhöhung der Gebührensätze – bei den anderen 16 Prozent der tierärztlichen Leistungen wurden die Gebührensätze gesenkt. Die Erhöhung der Gebühren liegt durchschnittlich bei ungefähr 25 Prozent. Besonders betroffen davon sind Leistungen, die besonders häufig in Tierarztpraxen durchgeführt werden, beispielsweise Impfungen Kastrationen. Außerdem neu ist, dass die Gebühren für Katzen (und Frettchen) an die des Hundes angeglichen wurden – zuvor gab es für Hund und Katze unterschiedliche Gebührensätze. Außerdem wurden mehr bzw. neue Leistungen in die Gebührenordnung für Tierärzte aufgenommen: Während zuvor rund 800 verschiedene Leistungen gelistet waren, sind es nun um die 1000.
In der Rechnung, die Ihnen Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt ausstellt, ist die berechnete Leistung mit ihrer Nummer, die in der ersten Spalte des Gebührenverzeichnisses vermerkt ist, angegeben.
Welche Tierarztkosten kommen auf mich zu?
Die Kosten werden weiterhin gestaffelt: Es gibt die einfachen Gebührensätze, die doppelten und die dreifachen bis zum vierfachen Satz. Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt kann dabei entscheiden, ob sie oder er für Leistungen während der normalen Sprechstunde den ein-, zwei- oder dreifachen und im Notdienst den zwei-, drei oder vier-fachen Satz berechnet.
Hier finden Sie die vollständige neue Gebührenordnung für Tierärzte zum Download.
Um Ihnen eine grobe Idee zu geben, wie die Preise (netto!) aussehen können, haben wir Ihnen hier ein paar Beispielleistungen rausgesucht:
Leistung |
Satz 1 in € |
Satz 2 in € |
Satz 3 in € |
Satz 4 in € |
Allgemeine Untersuchung mit Beratung |
23,62 |
47,24 |
70,86 |
94,48 |
Injektionsnarkose |
19,78 |
39,56 |
59,34 |
79,12 |
Magendrehung-Operation |
256,55 |
513,10 |
769,65 |
1.026,20 |
Kastration oder Sterilisation (Rüde oder Hündin) |
70,60 192,00 |
141,20 384,00 |
211,80 576,00 |
282,40 768,00 |
Kastration oder Sterilisation (Kater oder Kätzin) |
30,32 89,00 |
60,64 178,00 |
90,96 267,00 |
121,28 356,00 |
Bitte beachten Sie, dass dies jeweils einzelne Posten sind – mit einer Magendrehung sind beispielsweise noch viele weitere Handlungen und Materialien und somit auch höhere Kosten verbunden als die reine, hier dargestellte, Operation. Zudem ist zum 4-fachen Satz, der bei Notfällen abgerechnet werden darf, auch eine Notfall-Grundgebühr von 50 Euro (zzgl. MwSt.) zu beachten.
Außerdem haben wir übliche Tierarztkosten in übersichtlichen Abbildungen dargestellt:
zu den Tierarztkosten für Hunde
zu den Tierarztkosten für Katzen
Wie Sie sehen, können die Kosten für eine tierärztliche Behandlung schnell in die Höhe gehen. In unseren neuen Tarifen erstatten wir Ihnen im Rahmen Ihrer jährlichen Versicherungssumme bzw. bei Operationen unbegrenzt die Kosten bis zum 4-fachen Satz sowie die anfallende Notdienstgebühr. Es empfiehlt sich daher, eine Tierkrankenversicherung für Hunde & Katzen abzuschließen, um im Notfall abgesichert zu sein.
Tierkrankenversicherung für Hunde und Katzen
Weitere Tipps, was Sie tun können, wenn Ihr Vierbeiner nachts oder am Wochenende erkrankt, finden Sie in unserem Artikel "Notfall, was nun?".