Ängstliche Blicke, unruhiges Verhalten oder gar lautes Miauen und Bellen in der Tierarztpraxis. Kommt Ihnen das bekannt vor? Nicht selten ist die Fahrt zur Praxis und das Betreten des Wartezimmers für Vierbeiner und ihre Haltenden mit Stress und Angst verbunden. Doch wie können Sie diese angespannte Situation für Ihren Vierbeiner angenehmer gestalten? Der Schlüssel liegt häufig in der Vorbereitung und dem richtigen Umgang. Aber auch andere Faktoren spielen eine Rolle, um Stress und Angst abzubauen. In diesem Artikel führen wir Sie durch bewährte Strategien und wertvolle Tipps, die Tierarztbesuche für Sie und Ihren Liebling zu einer entspannteren Erfahrung machen können.


Inhaltsverzeichnis:


Warum haben Hunde und Katzen Angst vor dem Tierarztbesuch?

Auch wir haben manchmal Angst vor einem Arztbesuch. Die Gründe sind ähnlich, allem voran Angst vor Schmerzen und unangenehmen Erfahrungen, aber auch die Ungewissheit. Für Ihren Vierbeiner ist möglicherweise schon die Anfahrt stressig. Hinzu kommt bei Hunden und Katzen, dass ihre Sinne viel ausgeprägter sind, weshalb sie von der ungewohnten Umgebung mit vielen fremden Gerüchen wie Desinfektionsmittel und anderen Tieren verunsichert sind. Nicht ohne Grund trennen viele Praxen und Kliniken mittlerweile die Wartebereiche für Hunde und Katzen. Außerdem können die Tiere nicht verstehen, was vor sich geht. Darüber hinaus überträgt sich auch Ihr eigener Stress auf Ihren Liebling.

So bereiten Sie Ihren Vierbeiner auf den Tierarztbesuch vor

Um Ihrem Vierbeiner den Besuch in der Tierarztpraxis möglichst stressfrei zu gestalten, ist die Vorbereitung entscheidend. Suchen Sie alle notwendigen Dokumente rechtzeitig raus. Halten Sie den Impfpass, den EU-Heimtierausweis sowie eventuell benötigte Medikamente griffbereit. Optimal ist auch, wenn Sie Symptome und die Krankheitsgeschichte für sich dokumentiert haben, um auf Fragen der Tierärztin oder des Tierarztes antworten zu können. Diese Organisation minimiert Stress am Termin selbst. 

Planen Sie am Tag des Termins immer ausreichend Zeit ein, um mit möglichst viel Ruhe an die Situation ranzugehen. Ein längerer Spaziergang vor dem Besuch hilft, überschüssige Energie abzubauen und Ihren Hund zu beruhigen. Auch Katzen profitieren von einer gezielten Spielphase, um sich zu entspannen.

Entspannte Anfahrt zur Praxis: Tipps

Junger Golden Retriever wird auf dem Behandlungstisch von einer jungen, lächelnden, asiatischen Tierärztin gestreichelt

Vor allem bei vielen Katzen beginnt der Stress schon, wenn sie in die Transportbox sollen. Die meisten Katzen gehen nicht freiwillig in die Box, weshalb sie eingefangen werden müssen. Dies ist mit viel Stress verbunden – für Sie und den Vierbeiner. Deswegen sollte Ihr Vierbeiner im Voraus ans Autofahren und an die Katzen- bzw. Hundebox gewöhnt sein. Dies hilft, Aufregung und Unbehagen zu minimieren. Um Ihren Hund oder Ihre Katze an die Box zu gewöhnen, lassen Sie sie einfach länger zum Beispiel im Wohnzimmer offen stehen. Lassen Sie Ihren Liebling darin schlafen oder spielen, damit er die Box nicht nur mit Autofahrten und Tierarztbesuchen verbindet. Das gewohnte Spielzeug oder die Lieblingsdecke kann zusätzlich beruhigend wirken. Sie können auch versuchen, Ihrem Vierbeiner die Transportbox im wahrsten Sinne des Wortes schmackhaft zu machen, indem Sie das Futter darin servieren. Lassen Sie ihm auf jeden Fall Zeit, die Situation einzuschätzen und die Box zu erkunden. Haben Sie also Geduld, wenn sich Ihre Katze oder Ihr Hund nicht direkt auf das Futter in der Box stürzt.

Je kürzer die Anfahrt, desto geringer die Aufregung. Versuchen Sie deswegen, eine Tierarztpraxis in Ihrer Nähe zu wählen, um lange Fahrten zu vermeiden. Eine kurze und ruhige Anfahrt kann Stress bei Ihrem Vierbeiner signifikant reduzieren. Beginnen Sie mit kurzen, regelmäßigen Fahrten zur Praxis, auch ohne einen tatsächlichen Termin wahrzunehmen. Auf diese Weise lernt Ihr Vierbeiner, die Fahrt zur Praxis ist nicht zwangsläufig mit negativen Erfahrungen verbunden.

Vorbereitung auf den (ersten) Tierarztbesuch

Das Ziel ist es, Ihrem Liebling die bestmögliche Erfahrung zu bieten und negative Assoziationen gar nicht erst aufkommen zu lassen. Denn hat Ihr Liebling erst einmal negative Erfahrungen gemacht, ist es schwer, diese durch positive Erlebnisse zu ersetzen und sein Vertrauen zurückzugewinnen. Der Vorteil bei Jungtieren ist, dass sie sich noch spielerisch an den Tierarztbesuch gewöhnen lassen.

Training zu Hause: Spiele zur Vorbereitung

Egal ob jung oder alt – beginnen Sie das Training mit Ihrem Vierbeiner zu Hause. Simulieren Sie die Abläufe, wie das Öffnen des Mauls oder die Betrachtung der Pfoten, um Ihren Vierbeiner daran zu gewöhnen. Auch das Heben auf den Behandlungstisch ist für viele Tiere beängstigend, lässt sich zu Hause aber gut üben. Belohnen Sie Ihren Liebling während dieser Übungen und schaffen Sie so positive Assoziationen mit den Handlungen, die beim Tierarztbesuch notwendig sind. 

Darüber hinaus macht es Sinn, mit Ihrem Hund das Anlegen eines Maulkorbs zu üben. Auch wenn Ihr Hund ein herzensguter Schoßhund ist, kann er sich beim Tierarztbesuch ungewöhnlich aggressiv verhalten – aufgrund von Unsicherheit, Angst oder auch Schmerz. Deshalb kann ein Maulkorb nötig sein. Um zusätzlichen Stress zu vermeiden, sollte dies vorher trainiert werden.

Tierarzt hält einem Golden Retriever im Wartezimmer seine Hand zum Schnuppern hin

Konsistenz und Geduld sind der Schlüssel. Je vertrauter der Hund oder die Katze mit der Umgebung und den Abläufen wird, desto entspannter wird es zukünftige Besuche wahrnehmen.

Kleine Schritte: kurze Gewöhnungsbesuche

Warum immer nur für notwendige Termine in die Tierarztpraxis gehen oder fahren? Um die Umgebung der Tierarztpraxis ohne negativen Zusammenhang zu erleben, sollten Sie Tierarztbesuche zum Üben nach Möglichkeit nicht aus Notwendigkeit machen. Zeigen Sie Ihrem Hund oder Ihrer Katze ungezwungen das Wartezimmer und alle Räumlichkeiten. Wenn die Tierärztin oder der Tierarzt Zeit hat, lassen Sie Ihren Vierbeiner den Behandlungsraum erkunden und die Tierärztin oder den Tierarzt kennenlernen. Meist können die Vierbeiner im Behandlungsraum frei laufen und den Raum nach Belieben selbst erkunden. Führen Sie Ihren Liebling ruhig auf spielerische Art und Weise mit Leckerlies auf die Waage. Setzen Sie Ihre Katze oder Ihren Hund auch einmal auf den Behandlungstisch. Ganz wichtig: Belohnen Sie Ihren Liebling viel, damit er die Situation mit positiven Erlebnissen verknüpft.

Wie Sie Ihren Vierbeiner beruhigen können

Als Bezugsperson orientiert sich Ihr Vierbeiner an Ihnen. Sprich, Sie haben eine entscheidende Rolle bei der Gestaltung eines stressfreien Tierarztbesuchs. Eine ruhige und positive Einstellung von Ihrer Seite kann Wunder wirken. Deswegen beginnt Ihre Aufgabe schon lange vor dem eigentlichen Termin. Eine gute Kommunikation mit der Tierärztin oder dem Tierarzt ist entscheidend. Besprechen Sie jegliche Fragen im Voraus und sprechen Sie auch Ihre Ängste an. Je mehr Sie wissen, desto gelassener sind Sie in der Regel. Somit können Sie Ihrem Vierbeiner die nötige Sicherheit geben. Bleiben Sie auch während der gesamten Anfahrt und im Wartezimmer entspannt. Sprechen Sie in einem sanften Ton mit Ihrem Hund oder Ihrer Katze und vermeiden Sie hektische Bewegungen. Das gibt Sicherheit und Vertrauen.

Alternative Optionen

Sie haben alles ausprobiert, dennoch ist der Tierarztbesuch jedes Mal eine traumatische Erfahrung für Ihren Vierbeiner? Besprechen Sie die Probleme ruhig mit Ihrer Tierärztin oder Ihrem Tierarzt. Sie können auch eine Hundetrainerin oder einen Hundetrainer nach Rat fragen. Wenn nichts hilft, können Sie über die zwei folgenden Optionen nachdenken und diese mit Ihrer Tierärztin oder Ihrem Tierarzt besprechen.

Mobile Tierarztpraxis

Einige Tierärztinnen und Tierärzte bieten Hausbesuche an. Die gewohnte Umgebung kann Ihrem Vierbeiner helfen und seine Angst reduzieren. Außerdem sparen Sie sich die möglicherweise stressige Anfahrt. Allerdings sind die Möglichkeiten zu Hause auf einfache Behandlungen beschränkt. Bildgebung wie Röntgen und Operationen sind meistens nur in der Tierarztpraxis oder Klinik möglich, da dort die nötigen Geräte vorhanden sind.

Beruhigungsmittel: Wann sind sie sinnvoll?

Beruhigungsmittel können in bestimmten Fällen eine sinnvolle Unterstützung für den Tierarztbesuch darstellen. Insbesondere bei Tieren, die extrem ängstlich oder gestresst reagieren, können sie helfen, den Stresspegel zu senken. Dies ist besonders dann wichtig, wenn die Angst des Vierbeiners seine Sicherheit gefährden könnte oder wenn eine umfassende Untersuchung durchgeführt werden muss. Es ist wichtig, vor der Gabe eines Beruhigungsmittels mit der Tierärztin oder dem Tierarzt zu sprechen, um sicherzustellen, dass es das richtige für Ihren Hund oder Ihre Katze ist und korrekt dosiert wird. Die Behandlung sollte als Teil eines ganzheitlichen Ansatzes gesehen werden, um den Stress beim Tierarztbesuch langfristig zu reduzieren. In unkomplizierten Fällen können auch alternative Maßnahmen wie gewohnte Düfte oder Wohlfühldecken zu einem ruhigeren Verhalten beitragen, ohne sofort auf Medikamente zurückzugreifen.

Notfallplan: Mit unvorhergesehenem Stress umgehen

Unvorhergesehene Situationen können immer auftreten. Wichtig ist, ruhig und gelassen zu bleiben, um nicht zusätzlich Stress auf Ihren Liebling zu übertragen. Atmen Sie tief durch und versuchen Sie, sich zu entspannen. Ihre Emotionen können sich schnell auf Ihren tierischen Begleiter übertragen. 

Insbesondere unvorhergesehene Tierarztbesuche aufgrund eines Notfalls können Besitzende extrem stressen. Halten Sie die Telefonnummer der Praxis griffbereit, um im Notfall anrufen und die Situation schildern zu können. Oftmals können die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bereits am Telefon wertvolle Tipps für Erste Hilfe geben.

Fazit

Beobachten Sie genau, was Stress bei Ihrem Tier auslöst, und suchen Sie nach Möglichkeiten, diese Auslöser zu minimieren. Setzen Sie auf bekannte und bewährte Beruhigungstechniken, wie ein ruhiger Tonfall und sanfte Berührungen. Eine verlängerte Wartezeit kann oft nicht vermieden werden, aber ein kurzer Spaziergang vor der Praxis kann helfen, angestaute Energie abzubauen und Ihren Hund zu beruhigen. Selbst ein zehnminütiger Spaziergang kann einen erheblichen Unterschied machen. Am Ende zählt, dass Sie die Ruhe bewahren und Ihren Liebling bestmöglich unterstützen.

Tierärztin mit Kopftuch guckt einer getigerten Katze, die entspannt auf dem Behandlungstisch liegt, an.

Jeder Vierbeiner ist ein individuelles Wesen und reagiert unterschiedlich – darum ist es wichtig, verschiedene Strategien auszuprobieren und herauszufinden, was Ihrem Hund oder Ihrer Katze am meisten hilft.

Die genannten Informationen stellen keine Anleitung zur Selbstdiagnose und Behandlung von Tierkrankheiten dar. Tierhaltende sollten bei gesundheitlichen Problemen ihres Tieres in jedem Fall eine Tierärztin oder einen Tierarzt um Rat fragen. Diagnosen über das Internet sind nicht möglich.

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