Beim Bernhardiner handelt es sich um eine bekannte Hunderasse, die ihren Ursprung in der Schweiz hat. Benannt wurden die Hunde nach ihrem Zuchtort, dem Kloster St.Bernhard. Erfahren Sie hier mehr über den majestätischen Vierbeiner.


Inhaltsverzeichnis:


Die Geschichte des Bernhardiner

Der Bernhardiner – auch bekannt als Sankt Bernhardshund – gehört wohl zu den bekanntesten Hunderassen. Als schweizer Nationalhund wird er oft mit Fässchen um den Hals als Retter von Lawinenopfern dargestellt, was jedoch kaum noch der Realität entspricht. Ursprünglich handelte es sich bei Bernhardinern zwar mal um robuste, widerstandshähige Arbeitshunde in den Alpen. Eine verantwortungslose Zucht hat die Hunde jedoch über die Zeit zu einer der schwersten Hunderassen gemacht, was ihnen zwar einen majestätsiches Aussehen verleiht, jedoch jede Bewegung zu einer Herausforderung macht.

Ursprünglich war der Bernhardiner übrigens kurzhaarig, was inzwischen eher selten ist. Die meisten Menschen werden ihn wohl eher mit langem Fell und reichlich Unterwolle kennen.

Das Wesen des Bernhardiners

Der Bernhardiner gilt zwar als dickköpfig, ist jedoch auch – bei artgerechter Haltung – für sein sanftmütiges und gelassenes Wesen bekannt. Auch Fremden gegenüber zeigen viele Bernhardiner nur selten Misstrauen, allerdings ist er bereit, seine Familie und sein Territorium zu verteidigen. Die Gelassenheit und Ausgeglichenheit, die er ausstrahlt, machen ihn zu einem beliebten, beruhigenden Begleiter. Auch Kindern gegenüber sind Bernhardiner meist nett und geduldig. Wie der Charakter des individuellen Hundes ist, lässt sich aber natürlich nicht pauschal sagen.

Die Bernhardiner-Haltung

Die Bernhardiner-Haltung ist nur dann zu empfehlen, wenn man diesem Tier auch ausreichend Platz bieten kann. Ein so großer Hund fühlt sich in einer Stadtwohnung nicht wohl. Besser ist es, wenn man dem großen Tier ein Haus mit Garten bieten kann. Auf einem großen Bauernhof oder Pferdegestüt sind die gutmütigen Hunde ebenfalls gut aufgehoben. Das Bewegungsbedürfnis des Bernhardiners hält sich in Grenzen. Als Welpe und Junghund bewegen sich diese Hunde noch relativ viel, im Erwachsenenalter wissen sie gemütliche Spaziergänge mehr zu schätzen. Dennoch oder gerade darum ist es wichtig, sich auf das Bewegungsbedürfnis des Vierbeiners einzustellen und ihn zu einem gesunden Pensum zu motivieren, ohne ihn zu überlasten.

Hier die Hunde-Fitness im Blick behalten

Dieser Rassehund ist zu groß und zu schwer, um als Begleiter am Fahrrad oder beim Joggen dienen zu können. Für Hundesportarten ist er ebenfalls nicht geeignet.

Die Gesundheit des Bernhardiners

Der schöne und große Bernhardiner mag zwar auf den ersten Blick robust wirken, ist aber tatsächlich keineswegs so gesund, wie manche meinen. Wie bei den meisten Rassen hat die Zucht mit dem eingeschränkten Genpool zu einer Reihe von Prädispositionen geführt, mit denen sich Liebhabende der Rasse vor der Anschaffung auseinandersetzen sollten. Das Thema mag bei „Kleinigkeiten“ wie dem verstärkten Speicheln, ausgelöst durch eine nicht richtig schließbare Maul- bzw. Lippenform, anfangen, führt jedoch schnell zu ernsthaften, schmerzhaften und lebensbedrohlichen Erkrankungen, von denen wir Ihnen einige im Folgenden zusammengefasst haben:

Atemwege

Leider ist eine ungehinderte Atmung bei vielen Hunderassen keine Selbstverständlichkeit. Das gilt auch für Bernhardiner.

Obstruktion der oberen Atemwege

Obwohl vor allem brachyzephale Rassen für ihre Atemprobleme bekannt sind, können auch Hunde mit einer längeren Nase von blockierten Atemwegen betroffen sein. Rassen mit vermehrter Faltenbildung sowie einer Tendenz zu schlaffem Gewebe und einer Verdickung der Rachenschleimhaut – wie der Bernhardiner – leiden unter blockierten oberen Atemwegen und bekommen schlechter Luft.

DIESE MERKMALE MACHEN HUNDE KRANK

Kehlkopflähmung

Bernhardiner weisen eine Prädisposition für eine Kehlkopflähmung auf, die sich unter anderem in Husten und Würgen äußern kann und im schlimmsten Fall zu einer lebensgefährlichen Atemnot führt. Eine Kehlkopflähmung beim Hund muss chirurgisch behandelt werden.

Bewegungsapparat

Der große Bernhardiner hat ganz schön viel Körpermasse, die es zu bewegen gilt. Leider ist das nicht immer problemlos möglich.

Ellbogengelenksdysplasie

Zum Komplex der Ellbogendysplasie gehört eine Reihe entwicklungsbedingter Erkrankungen, die das Ellbogengelenk betreffen und vor allem bei mittelgroßen und großen Hunden auftreten. Der isolierte Processus anconaeus ist eine davon und kommt leider unter anderem gehäuft bei heranwachsenden Bernhardinern vor. Eigentlich sollte während der Pubertät ein kleiner Knochenvorsprung der Elle verwachsen, was bei dieser Störung nicht der Fall ist. Der im Gelenk bleibende Knochenfortsatz führt zu Schmerzen und Entzündungen, was Sie bei Ihrem Liebling an Lahmheit und Steifheit bemerken.

Hüftgelenkdysplasie

Auch an der Hüfte können gelenkbildenden Strukturen fehlerhaft ausgebildet sein. Unbemerkt und unbehandelt führt diese häufige Erkrankung längerfristig zu Arthrose. Erkrankte Hunde leiden unter Schmerzen und zeigen oft einen veränderten Gang.

Knochentumoren in den Gliedmaßen

Bei einem Osteosarkom des Gliedmaßenskeletts handelt es sich um einen sehr schmerzhaften, bösartigen Tumor in den Knochen des Hundes. Die Metastasierungsrate ist hoch und die chirurgische Entfernung häufig nur mit Amputation der betroffenen Gliedmaßen möglich. Vollkommen heilbar ist ein Osteosarkom leider nicht – eine Kombination aus Operationen, Chemo- und Schmerztherapien können jedoch helfen, die Lebensdauer des Hundes zu verlängern und sein Leiden zu mindern. Derartige Knochentumoren treten vor allem bei großen Rassen auf. Neben dem Bernhardiner sind besonders der Rottweiler, der Deutsche Schäferhund, die Dogge und der Boxer gefährdet.

Innere Organe

Von unangenehmen Schmerzen bis hin zum plötzlichen Tod – auch die inneren Organe des Bernhardiners sind von Prädispositionen zu bestimmten Erkrankungen betroffen.

Vaginalprolaps

Der Vaginalprolaps gehört zu einer der Erkrankungen, die beim Bernhardiner überproportional häufig auftreten. Bei unkastrierten Hündinnen kann es vorkommen, dass durch eine geschwächte Beckenbodenmuskulatur die Vagina nach außen gestülpt wird. Das hervorgefallene Gewebe kann verletzt werden, was im schlimmsten Fall zu starken Blutungen und damit einem Notfall führt. Ebenfalls gefährlich wird ein Vaginalprolaps dann, wenn die Hündin dadurch keinen Harn mehr absetzen kann. Auch Infektionen, die über das ausgefallene Gewebe in den Körper aufsteigen, sind problematisch. In leichten Fällen zieht sich die Erkrankung mit dem Abklingen der Läufigkeit zurück, es kann jedoch auch ein chirurgischer Eingriff notwendig sein.

Magendrehungskomplex

Vom Magendrehungskomplex (Torsio ventriculi) sind insbesondere großwüchsige, tiefbrüstige Rassen – also der Bernhardiner, aber auch unter anderem die Dogge oder der Deutsche Schäferhund – betroffen. Der Magen wird durch Gas und/oder Flüssigkeit überdehnt und gleichzeitig gedreht. Eine Torsio ventriculi tritt sehr plötzlich auf und schreitet extrem schnell voran, wobei sie ohne umgehende Behandlung sehr schmerzhaft und tödlich endet.

Milzdrehung

Bei der primären Milztorsion dreht sich die Milz, diese Erkrankung tritt jedoch relativ selten auf. Lange oder gedehnte Milzbänder, welche das Organ halten, begünstigen eine solche Drehung, weshalb große Rassen wie der Bernhardiner dafür prädisponiert sind. Besonders gefährlich ist hier ein Schockzustand, der tödlich enden kann. Bei einer schnellen, passenden Behandlung kann das betroffene Tier jedoch überleben.

Haut und Augen

Leider neigt der Bernhardiner auch zu Haut- und Augenproblemen, die bis hin zur Erblindung reichen können.

Hotspot

Dieses Hautproblem ist eine plötzlich auftretende Dermatitis an einer eingegrenzten Stelle. Sie nässt und juckt stark. Eine stärkere Ausprägung der Erkrankung tritt auf, wenn die Läsion zusätzlich noch verdickt ist und Knötchen und Pusteln gebildet werden. Diese Ausprägung wird pyotraumatische Follikulitis/Furunkulose genannt und tritt gehäuft beim Bernhardiner, Berner Sennenhund, Rottweiler und Golden Retriever auf.

Fehlgeformte Augenlider

Bei großen Hunderassen und Rassen mit faltigen Gesichtern kommt es vor, dass sich Augenmuskulatur verkrampft und die Lidspalte nimmt eine Karo-Form an. Das mag zwar akut keine Probleme hervorrufen, kann jedoch langfristig für trockene Augen und Augenentzündungen verantwortlich sein. Eine Lidfalten-Korrektur erfolgt chirurgisch.

Zudem weisen Bernhardiner eine Prädisposition für ein nach Innen umgeschlagenes Augenlid auf, was mit verschiedenen Problemen wie schmerzhaften Entzündungen und übermäßiges Tränen führen kann.

Sehnerv-Hypoplasie

Eine Hypoplasie des Nervus opticus ist eine angeborene Missbildung des Sehnerven. Je nachdem, wie sehr die Zahl der Nervfasern und -zellen verringert ist, leidet der Hund unter eingeschränkter Sehkraft bis hin zur Blindheit. Diese Fehlbildung ist leider nicht heilbar. Neben Bernhardinern wird auch bei Collies und Zwergpudeln eine genetische Prädisposition vermutet.

Progressive Retinaatrophie

Bei der progressiven Retinaatrophie stirbt die Netzhaut fortschreitend ab, bis der Hund vollständig erblindet ist. Die Erkrankung wird in der Regel erst später im Hundeleben bemerkt und ist nicht heilbar, eine fortschreitende Erblindung lässt sich bei betroffenen Vierbeinern also nicht verhindern. Die progressive Retinaatrophie ist genetisch bedingt und wurde unter anderem beim Bernhardiner festgestellt.

Gehirn und Nerven

Auch das Gehirn und das zentrale Nervensystem sind beim Bernhardiner genetisch vorbelastet.

Epilepsie

Bernhardiner gehören zu den Hunderassen mit einer genetischen Vorbelastung für die idiopathische Epilepsie. Diese Form der Epilepsie ist die bei Hunden häufigste. Diese Erkrankung des Gehirns äußert sich in sich wiederholenden, meist kurz andauernden Krampfanfällen.

Spinale Muskelatrophie

Diese Erkrankung betrifft die Nerven im Rückenmark und im Hirnstamm, die für die Bewegung zuständig sind, sowie die äußeren Nervenknoten. Die Nerven sterben langsam ab und betroffene Hunde zeigen Schwäche und Lähmungen sowie einen starken Muskelschwund.

Lymphom des Zentralnervensystems

Bei dieser Erkrankung sammeln sich im zentralen Nervensystem bösartig veränderte Immunzellen. Die bösartigen Tumoren enden nicht selten tödlich und können bei allen Rassen auftreten, allerdings scheinen Bernhardiner einem erhöhten Risiko ausgesetzt zu sein.

Die Lebenserwartung von Bernhardinern

Aufgrund der Zucht, die zu vielen Prädispositionen geführt hat, und seiner extremen Körpergroße zählt der Bernhardiner zu den Hunden mit der niedrigsten Lebenserwartung: Vertreter dieser Hunderasse werden in der Regel gerade mal sechs bis acht Jahre alt, nur wenige erreichen den zweistelligen Bereich.

Die Anschaffung eines Bernhardiners

Da der Bernhardiner unter vielen züchtungsbedingten Prädispositionen leidet, ist es sehr wichtig, nicht unüberlegt beim nächstbesten „Angebot“ zuzugreifen. Hunde sind keine Produkte, die man sich „mal eben“ holt. Nehmen Sie sich viel Zeit, um einen Züchter zu finden, der Ihnen mit einem gesunden Stammbaum nachweisen kann, dass die Zucht möglichst verantwortungsvoll durchgeführt wurde. Alternativ können Sie sich auch in Tierheimen umschauen, ob gerade ein Hund Ihrer Wunschrasse ein neues Zuhause sucht. Aber: Sowohl bei Bernhardinern vom Züchter als auch aus dem Tierheim sollten Sie sich im Klaren sein, dass bestimmte Erkrankungen wahrscheinlicher sind als bei anderen Hunden. Stellen Sie vor der Anschaffung eines Bernhardiners sicher, dass Sie seinen Bedürfnissen (z. B. nach Platz) gerecht werden und seine medizinische Versorgung stets leisten können.

Dieser Artikel wurde geprüft von Tierärztin Melanie Müller.

Foto: © Annabell Gsödl - stock.adobe.com