Kennt ihr das? Gerade hattet ihr das Gefühl, es könnte besser nicht laufen - der Job als Bürohund macht Spaß, es gibt jeden Tag tolle Gassirunden, abends wird gemütlich auf dem Sofa gekuschelt und nachts schlaft ihr sicher und geborgen zu Frauchens Füßen auf dem Bett. Und dann, ganz plötzlich und aus immer noch unerfindlichen Gründen, geschieht es: Frauchen und Herrchen stehen von heute auf morgen mit etwas in der Tür, das euer Leben verändern wird: Sie nennen es "Baby", doch ihr denkt nur eins: "Eindringling".
Na dann, willkommen im Club!

Inhaltsverzeichnis:

"Da ist doch was im Busch"

Dass sich Frauchen in letzter Zeit verändert hatte, ist mir natürlich nicht entgangen. Zu Beginn war sie eine ganze Weile ziemlich träge – hat viel geschlafen und wirkte irgendwie schlapp. Auch ein ungewöhnliches Morgenritual kam dazu: Scheinbar bevorzugte sie es plötzlich ihr Wasser morgens direkt aus der Toilette zu trinken. Vielleicht war es auch eine Art der Meditation. Jedenfalls begab sie sich jeden Morgen ins Badezimmer, hockte sich vor die Toilette und starrte dabei ins Wasser. Manchmal machte sie auch komische (vielleicht meditative?) Geräusche dazu. Ehrlich gesagt war ich ziemlich erstaunt, dachte ich doch bisher immer, dass aus der Toilette trinken verboten war.

Nach dieser anfänglichen, sehr verwirrenden Zeit (so ungefähr drei Monate ging das) besserte sich Frauchens Zustand. So richtig die Alte wurde sie aber nicht. Ganz besonders fiel mir ihr veränderter Geruch auf. Irgendetwas löste dieser in mir aus. Und da ich mir nicht sicher war, was und warum Frauchen sich überhaupt verändert, ging ich lieber auf Nummer sicher und folgte ihr auf Schritt und Tritt. Spätestens zum Ende, kurz bevor der Eindringling kam, sprangen auch meine letzten Alarmglocken an. Irgendetwas stimmte ganz und gar nicht mit ihr: Auf Spaziergängen konnte sie nicht mehr richtig mithalten. Es dauerte ewig bis sie hinterher kam! Aufmerksam wie ich bin, lief ich im Freilauf aber immer wieder zu ihr zurück und versuchte sie zum Laufen zu animieren. An der Leine lief ich in dieser Zeit ausnahmsweise extra artig und langsam.
Was mir noch auffiel waren ihre Stimmungsschwankungen. Schien sie in dem einen Moment glücklich, saß sie im nächsten plötzlich weinend auf dem Sofa. Trostspendend gesellte ich mich dann zu ihr, ließ sie meinen Nacken kraulen und saß einfach nur da und hörte zu.

"Habt ihr euch das auch gut überlegt?"

Ich hatte schon von vielen Hundekumpels gehört, denen wie aus dem Nichts ein neues Rudelmitglied vor die Nase gesetzt wurde. Dies waren aber immer nur Artgenossen, mit denen man sich nach einer Weile schon zu arrangieren wusste. Was mir da vor die Nase gesetzt wurde, war für mich völlig neu. Auch in meinem Freundeskreis hatte noch keiner Erfahrungen mit einem haarlosen Eindringling, alias Baby, gemacht. Da es scheinbar unvermeidlich war, dass das Wesen bei uns einzog, konnte ich nur eines tun: aussitzen – beobachten – bewerten.
Auch nach den ersten Monaten mit Baby muss ich gestehen, dass ich über Punkt zwei noch nicht hinaus gekommen bin.

Folgende Beobachtungen habe ich bisher schon machen können (Tipp an meine Artgenossen: Jetzt genau mitlesen):

  • Ihr denkt nach den ersten Nächten schon, dass ihr selten ein lauteres Wesen gehört habt? Wartet ab. Die Stimmen von Babys scheinen sich erst mit der Zeit zu entwickeln. Je älter sie werden, desto lauter schreien sie. Aber seid beruhigt: Tatsächlich scheinen sie mit zunehmendem Alter weniger, dafür gezielter zu schreien bzw. zu weinen.
  • "Was riecht hier bloß immer so? Und warum darf "das da" in die Wohnung machen, während wir bei Wind und Wetter raus müssen?!", fragt ihr euch? Tatsächlich war das "Windel-Phänomen" einer der für mich verwirrendsten Punkte. Scheinbar sind Babys sehr kälte- und wetterempfindlich. Warum sonst sollten Frauchen und Herrchen es in diese kurzen Höschen stecken und diese zig Mal pro Tag wechseln, anstatt das kleine Wesen bei Bedarf einfach auf den Rasen zu setzen?! Aus Spaß sicherlich nicht – denke ich zumindest...
  • Babys sind nachtaktiv. Mir wurde ziemlich schnell klar, dass es mit meinem Ehrenplatz an Frauchens Fußende auf dem Bett vorbei war. Zu Beginn wurde die kleine Nachteule alle 1-2 Stunden wach. Und mit "wach" meine ich nicht nur einfach aufwachen, wie es normale Menschen und Hunde tun. Nein! Es wachte schreiend auf, als wäre es innerhalb der einen, im Idealfall zwei Stunden, die es geschlafen hatte, fast verhungert. Generell scheint der Appetit von Babys grenzenlos zu sein. Ich verzog mich fortan also lieber in mein Hundebettchen zum Schlafen und komme nur noch morgens und abends für eine Kuscheleinheit ins Bett.
  • Babys bringen alle zum Lachen – und zum Weinen. Nie habe ich Frauchen und Herrchen so erschöpft, müde und auch streitend erlebt. Sind sie in dem einen Moment völlig kaputt, scheint im nächsten wieder alles vergessen zu sein und das nur, weil das neue Familienmitglied im Schlaf gelächelt hat.

"Dann bleibt er halt"

Nachdem ich in den ersten Wochen noch sicher war, dass meine Hundeeltern ihren Fehler einsehen und das Baby wieder zurückbringen würden, wurde mir mit der Zeit klar: so schnell würde das nicht passieren. Viel zu sehr schienen sie an dem kleinen Äffchen (es wird wirklich ständig getragen) zu hängen. Seit der Eindringling da ist, hat sich wirklich alles verändert. Aber, und das gebe ich schweren Herzens zu, nicht nur zum Negativen. So sind unsere Spaziergänge jetzt zum Beispiel wieder viel länger geworden – zwar dauert es ewig bis wir los können (siehe Punkt "Wetterempfindlichkeit"), aber dafür scheinen es alle sehr zu genießen an der frischen Luft zu sein. Außerdem sind wir nicht mehr so viel unterwegs, verbringen mehr gemütliche Abende auf der Couch. Auch an Leckerlis spart Frauchen seit dem Einzug des Babys nicht – manchmal plagt sie wohl das schlechte Gewissen mir gegenüber. Zusätzlich zu den Leckereien bekomme ich übrigens auch vermehrte Kuschel- und Spieleinheiten. Man merkt also, Frauchen und Herrchen geben sich wirklich Mühe, es wieder gut zu machen.
Der Eindringling scheint übrigens noch gar nicht "fertig" zu sein, sondern entwickelt sich erst noch. Er wird zum Beispiel immer wacher, schaut sich jetzt alles sehr genau und angestrengt an. Auch gibt er die amüsantesten Glucksgeräusche von sich. Seine Hände hat er scheinbar erst jetzt entdeckt, denn er fängt langsam an, Sachen zu greifen.

Als Frauchen letztens, den schlafenden Eindringling im Arm, auf dem Sofa saß, wagte ich einen ersten Annäherungsversuch, um ihn etwas genauer unter die Lupe zu nehmen. Beim vorsichtigen Schnüffeln an seinem Kopf merkte ich, dass ich selten etwas wohlig duftenderes gerochen habe. Und als ich ihn so inspizierte, öffnete er plötzlich seine Augen, berührte mit seinen winzig kleinen, weichen Händen sanft meine Brust und lächelte mich an. Mein Herz machte einen kleinen Sprung und mit zustimmendem Blick gab ich Frauchen zu verstehen:  "Okay, darfst ihn behalten, Mama".


Ahoi Ihr Landratten! Mein Name ist Evie und ich bin eine kleine Tierschutzhündin aus dem schönen Rumänien. Zusammen mit meinen Bürohund-Freunden Zula, Else und Pitty begleite ich das Marketingteam von AGILA. In meiner Kolumne berichte ich über verschiedene Themen, die mich in meinem Hundeleben beschäftigen, aber auch von meinem Alltag auf vier Pfoten.

Foto: © Hannah Konitzer