Geschrieben von Hundetrainerin Katrin Höfele

Wenn es eines gibt, das in der Hundeerziehung essentiell ist, ohne das es einfach nicht geht, dann ist es der Rückruf. Für viele Hundehalter stellt er eine der größten Hürden in der Hundeerziehung dar. Hundetrainerin Katrin Höfele hat 10 praktische Tipps für einen sicheren Rückruf.

  1. Ablenkung langsam steigern Wie jedes Kommando, sollte auch der Rückruf zunächst in ablenkungsarmer Umgebung geübt werden. Solange der Rückruf ohne Ablenkung nicht klappt, kann er auch mit Ablenkung nicht funktionieren. Die Schwierigkeit sollte langsam gesteigert werden: Zu Beginn reicht als Ablenkung oft schon ein Fahrradfahrer, der vorbeifährt. Die nächste Schwierigkeitsstufe bis hin zu fremden Hunden, sollte immer erst beschritten werden, wenn der Rückruf in der aktuellen Situation schnell und zuverlässig funktioniert.
  2. Rufen, obwohl es nicht nötig ist Meist rufen wir den Hund nur dann, wenn wir ihn von etwas abhalten wollen: Sei es das Laufen zu einem anderen Hund, das Fressen der Semmel auf dem Boden, das Jagen der verführerischen Enten im See – der Hund lernt auf diese Weise schnell, dass der Rückruf stets die Anwesenheit eines seiner bevorzugten Reize ankündigt – nur eben nicht beim Besitzer! Daher sollten Sie öfter rufen, wenn es eigentlich keinen Grund dazu gibt. Ein guter Tipp ist zudem, genau dann zu rufen, wenn der Hund gerade nichts zu tun hat, denn hier ist die Wahrscheinlichkeit, dass er kommt, am höchsten. So kreieren Sie ein Erfolgserlebnis und festigen den Rückruf mittels positiver Verstärkung.
  3. Nach dem Rufen nicht anleinen Viele Hunde verknüpfen den Rückruf mit dem Anleinen, insbesondere während des Hundespiels. Rufen Sie daher Ihren Hund öfter mal zu sich, belohnen ihn und erteilen ihm daraufhin die Erlaubnis, weiter zu laufen. So lernt er, dass der Rückruf nicht zwangsweise auch das Ende seiner Freiheit bedeutet.
  4. Eine „unsichtbare Leine“ kreieren Häufig passiert es, dass Ihr Hund zwar guckt und sich auf den Weg zu Ihnen macht, jedoch unterwegs einen spannenden Geruch oder eine andere Ablenkung wahrnimmt. Statt den Weg zu Ihnen fortzusetzen, konzentriert er sich nun auf den neuen Reiz. Daher ist es sinnvoll, Ihren Hund auf dem kompletten Weg zu Ihnen durchgehend zu motivieren. Gut geeignet sind einladende, anfeuernde Silben wie z.B. „Jajaja“ oder ein wahres „Feuer“ an Lobworten.
  5. Belohnungen variieren Ihr Hund ist schlau – so wird er auch im Nu überlegen, ob es sich wirklich lohnt, die Ente im See für Sie stehen zu lassen. Wenn Sie Ihren Hund stets mit derselben Belohnung motivieren, hat Ihr Hund die Möglichkeit, abzuwägen, was er besser findet. Wenn er jeden Tag Käse bekommt, wird er die Ente höchstwahrscheinlich spannender finden, denn er weiß ja, was ihn bei Ihnen erwartet. Daher ist es wichtig, Belohnungen zu variieren. Überraschen Sie Ihren Hund immer wieder mit etwas Neuem, z.B. einem neuen Leckerbissen oder einer ganz anderen Belohnungsform (z.B. Spiel, versteckte Leckerlis suchen usw.).
  6. Niemals für das Herankommen strafen Kommt Ihr Hund erst nach einer gefühlten Ewigkeit zurück, ist eine Strafe trotzdem nicht angebracht, denn sonst verknüpft Ihr Hund Sie mit negativen Gefühlen. Entsprechend wird er nächstes Mal noch länger weg bleiben, um Ihrer Strafe möglichst lange zu entgehen. Besser ist es, den Hund einfach zu ignorieren.
  7. Körpersprache beachten Achten Sie auf Ihre Körpersprache, während Sie Ihren Hund rufen: Eine nach vorne gebeugte Haltung wirkt auf viele Hunde bedrohlich, entsprechend wird Ihr Hund nicht gerne zu Ihnen kommen. Besser ist es, eine lockere, neutrale Haltung oder bei besonders unsicheren Hunden sogar eine leicht abgewandte Position einzunehmen. Bei Welpen hilft es häufig, in die Hocke zu gehen. Dies sollten Sie jedoch nach und nach wieder ausschleichen.
  8. Das richtige Kommando belohnen Belohnen Sie Ihren Hund wirklich für das Zurückkommen. Das heißt, dass Sie kein Sitz-Kommando von ihm fordern sollten, wenn er zurückgekommen ist. Wenn Sie dennoch möchten, dass Ihr Hund stets Sitz macht, nachdem er bei Ihnen angekommen ist, können Sie erst den Rückruf belohnen und anschließend das Sitz fordern. Noch besser klappt es, wenn Sie Ihren Hund mit dem Leckerli (in diesem Fall die Rückrufbelohnung) direkt in die Sitz-Position locken und ihm dann erst das Leckerli verabreichen. So lernt der Hund die Abfolge als ein komplettes Kommando, ohne, dass Sie extra noch ein „Sitz“ einbringen müssen.
  9. Der Ton macht die Musik Egal wie verärgert oder aufgewühlt Sie gerade sind – versuchen Sie einen freundlichen, einladenden Ton beizubehalten, wenn Sie Ihren Hund rufen. Sollte dies nicht möglich sein, konditionieren Sie Ihren Hund auf eine Pfeife. Diese klingt stets neutral und ist für den Hund in der Regel sehr weit hörbar.
  10. Wenn er trotzdem nicht kommt Sie haben alle Regeln befolgt, doch ihr Hund kommt trotzdem nicht zurück? Dann sollten Sie ihren Hund spätestens nach dem zweiten Rückruf-Versuch abholen. Denn jedes Mal, wenn Ihr Hund den Rückruf ignoriert, löst sich auch dessen Verknüpfung ein Stück weit auf. Strafen Sie Ihren Hund beim Abholen nicht, sondern nehmen ihn wortlos an Halsband oder Geschirr mit. Anschließend sollten Sie in Ruhe überlegen, wo der Fehler lag, z.B. könnte die Ablenkung noch zu groß gewesen sein, eine läufige Hündin könnte vor Ihnen im Park spazieren gegangen sein oder Sie selbst waren an diesem Tag einfach etwas gestresst und haben dadurch keine einladende Stimmung ausgestrahlt. Übrigens: Manche Hunde erfinden regelrechte Strategien, um den Rückruf zu vermeiden. So kann es vorkommen, dass ein Hund „zufällig“ immer genau dann trinken oder sein großes Geschäft erledigen muss, wenn er gerufen wird. Sollte Ihnen solch ein Verhalten häufiger auffallen, dürfen Sie Ihren Hund auch dabei unterbrechen und Ihren Rückruf durchsetzen. Anschließend sollten Sie ihm aber selbstverständlich die Möglichkeit geben, seine ursprünglichen Bedürfnisse zu befriedigen.

Über die Autorin

Katrin Höfele ist seit mehr als 6 Jahren als mobile Hundetrainerin tätig und hat sich auf die Welpenfrüherziehung und Problemhunde-Therapie spezialisiert. Durch ihre Erfahrungen weiß sie, wo bereits im Welpenalter die Grundsteine für spätere Verhaltensprobleme gelegt werden und wie sich diese vermeiden lassen. In der AGILA Hundetrainer-Sprechstunde beantwortet sie regelmäßig Fragen zum Thema Hundeerziehung.

 

Foto: © Katrin Höfele