Die Frage „Soll ich meine Hündin kastrieren lassen?“ lässt sich nicht simpel mit „Ja“ oder „Nein“ beantworten. Dabei gilt es, viele Aspekte zu berücksichtigen. Ein tierärztliches Beratungsgespräch ist unbedingt notwendig, da die Indikation für jeden Vierbeiner unterschiedlich ist. Die folgenden Informationen verschaffen Ihnen einen ersten Überblick, was es zur Kastration der Hündin zu wissen gilt.

Sie haben neben Ihrer Hündin auch einen Hund zuhause? Dann informieren Sie sich auch über die Kastration beim Hund!


Inhaltsverzeichnis:


Kastration der Hündin: Indikation

Die Kastration von Hunden und Katzen mag für viele nach einem Routine-Eingriff klingen und tatsächlich wird sie auch in tierärztlichen Praxen häufiger durchgeführt. Aber man sollte dabei nicht vergessen, dass es sich um einen schwerwiegenden Eingriff handelt, der sich nicht rückgängig machen lässt. Bei Tumoren der Geschlechtsorgane oder einer schweren Gebärmutterentzündung, der sogenannten Pyometra, ist eine Kastration der Hündin sinnvoll, um das betreffende Tier zu heilen. Aber welche Gründe für eine Kastration sind zu nennen, wenn die medizinische Notwendigkeit weniger offensichtlich zu sein scheint? Dies muss in einem individuellen Beratungsgespräch mit der Tierärztin oder dem Tierarzt geklärt werden.

Vorteile einer Kastration der Hündin

Je nach Alter, Rasse oder bekannten Vorerkrankungen sind unterschiedliche Vor- und Nachteile eines solchen Eingriffs zu besprechen. Natürlich erleichtert die Kastration das Leben der Hundehaltenden insofern, dass sie sich keine Gedanken über eine ungewollte Fortpflanzung mehr machen müssen. Auch die Phase der Läufigkeit und das damit einhergehende veränderte Verhalten sowie der Ausfluss werden durch die Kastration unterbunden. Eine Scheinschwangerschaft, die häufig mit einer Verhaltensänderung einhergeht, kann durch eine Kastration verhindert werden. Und natürlich können die entnommenen Organe - je nach Operationsart neben den Eierstöcken auch die Gebärmutter – keine Probleme mehr bereiten.

Falscher Mythos

Immer wieder heißt es, eine Kastration würde der Entwicklung von Tumoren am Gesäuge, sogenannten Mammatumoren, vorbeugen. Dieser Effekt wird jedoch weiterhin wissenschaftlich diskutiert.

Risiken abwägen

Neben den Gründen für eine Kastration sollten Sie sich bewusst sein, dass das Fehlen der von den Eierstöcken produzierten Hormone viele Nebenwirkungen mit sich bringen kann. So können aufgrund der hormonellen Veränderungen beispielsweise Verhaltensweisen bei der Hündin beeinflusst werden und auch Veränderungen im Stoffwechsel können sich bei Vierbeinern, die kastriert sind, zeigen. Anderseits kommt es in manchen Fällen zu keiner Veränderung nach einer Kastration - wie sich der Eingriff auswirkt, hängt vom individuellen Tier ab und ist nicht genau vorherzusehen. Wer seine Hündin vor bestimmten Krankheiten schützen möchte, muss sie nicht unbedingt kastrieren lassen. Eine regelmäßige Untersuchung der Gebärmutter und des Gesäuges, z.B. im Rahmen der jährlichen Impfung, kann ausreichen. So fallen Erkrankungen rechtzeitig auf und können zügig behandelt werden. Ihre Tierärztin oder Ihr Tierarzt kann Ihnen bei Ihrer Entscheidung fachlich zur Seite stehen.

Kastration im Tierschutz

Aus Tierschutz-Perspektive ist die Kastration der Hündin umstritten, da der Eingriff nach einigen Auslegungen des Tierschutzgesetzes eigentlich sogar gesetzlich verboten ist: Das deutsche Tierschutzgesetz verbietet in § 6 das teilweise oder vollständige Entnehmen oder Zerstören von Organen eines Wirbeltieres. Dieses Verbot wird jedoch aufgehoben, wenn die Tierärztin oder der Tierarzt einen Eingriff im Einzelfall als medizinisch sinnvoll beurteilt. Auch wenn mit dem Eingriff eine unkontrollierte Fortpflanzung verhindert wird, gilt das Verbot nicht. Allerdings lassen sich auch weniger invasive Methoden einsetzen, um die Fortpflanzung zu unterbinden. Beispielsweise können Haltende ihre läufige Hündin grundsätzlich an der Leine führen und den Kontakt zu Rüden verhindern. Das fordert allerdings aufmerksame Haltende, damit nicht doch plötzlich ungeplanter Nachwuchs kommt. Im Tierschutz kann es jedoch durchaus sehr wichtig sein, Hunde zu kastrieren. Mehr dazu erfahren Sie in unserem Artikel Kastration im Tierschutz.

Das „richtige“ Alter für die Kastration der Hündin

Das richtige Alter für die Kastration der Hündin lässt sich so konkret gar nicht angeben. Für den passenden Zeitpunkt spielt der Zyklus der Hündin bzw. ihr Eintritt in die Geschlechtsreife eine viel größere Rolle als das Alter. Viele Tierarztpraxen empfehlen, die Kastration ca. drei Monate nach der ersten Läufigkeit durchzuführen. Diese setzt je nach Hunderasse und Individuum zu verschiedenen Zeitpunkten ein. Bei kleinen Hunden ist der optimale Zeitpunkt somit oft früher erreicht als bei ihren größeren Artgenossen, die erst später geschlechtsreif werden. Grundsätzlich sollte man bei Hündinnen, die bereits mehrmals läufig waren, die Kastration zeitlich in der Mitte zwischen zwei Läufigkeiten planen. Eine Kastration während oder kurz nach der Läufigkeit ist unter anderem mit erhöhten Operationsrisiken verbunden.

Kastration nach der ersten Läufigkeit

Für die Kastration nach der ersten Läufigkeit spricht, dass die Verhaltensentwicklung der Hündin dann zumeist abgeschlossen ist. Der nach der Kastration fehlende Einfluss der Geschlechtshormone dürfte sich somit weniger auf das Verhalten auswirken.

Kastration vor der ersten Läufigkeit

Auch eine Kastration vor der ersten Läufigkeit ist möglich und wird aufgrund des vermeintlich sichereren Schutzes vor Gesäugetumoren propagiert. Ob dieser frühe Zeitpunkt im Einzelfall sinnvoll ist, wird sich im tierärztlichen Beratungsgespräch herausstellen.

Kastration der Hündin: OP

Bei der operativen Kastration handelt es sich um einen einmaligen chirurgischen Eingriff, der in der tierärztlichen Praxis zur Routine gehört. Trotzdem müssen Hundehaltende nicht nur über die kastrationsbedingten Nebenwirkungen, sondern auch über die Risiken während der Operation (z.B. das Narkoserisiko) und mögliche Wundheilungsstörungen Bescheid wissen.

Kastration oder Sterilisation 

Zunächst soll einmal klargestellt werden: Die Begriffe Kastration und Sterilisation beschreiben nicht denselben Eingriff und sagen außerdem nichts darüber aus, bei welchem Geschlecht der Eingriff vorgenommen wird. Im Falle der Hündin meint eine Sterilisation die Durchtrennung der Eileiter. Die Hündin wird so zwar unfruchtbar, aber die Keimdrüsen, die die Sexualhormone bilden, bleiben erhalten. Sie bleibt also für den Rüden attraktiv und die Läufigkeit samt Begleiterscheinungen bleibt erhalten. Die Sterilisation wird bei Hündinnen hierzulande nicht durchgeführt. Eine Kastration der Hündin ist dagegen deutlich aufwendiger, da hier die operative Entfernung der Keimdrüsen, also der Eierstöcke, gemeint ist. Bei einer erweiterten Kastration wird zusätzlich die Gebärmutter entfernt.

Ablauf der chirurgischen Kastration

Wird eine Kastration beschlossen, brauchen Sie sich wegen des Eingriffs keine großen Sorgen um Ihren Vierbeiner machen. Es handelt sich um einen Routineeingriff, der meist nach weniger als 60 Minuten schon vorbei ist. Dabei werden in der Regel die Eierstöcke und Eileiter der Hündin entfernt. Die Gebärmutter bildet sich zurück, wenn sie nicht mehr unter dem Einfluss der Geschlechtshormone steht. Liegt eine Erkrankung der Gebärmutter vor, entfernt die Tierärztin oder der Tierarzt sie ebenfalls.

Nachsorge

Bereits einen Tag nach der Operation hat sich die Patientin normalerweise gut erholt. Bei der Pflege nach der Operation ist es wichtig, Ihre frisch kastrierte Hündin daran zu hindern, an der Wundnaht zu lecken. Am sichersten ist es, Ihrem Vierbeiner bis zum Fädenziehen einen Halskragen anzulegen. Zwei bis drei Tage nach dem Eingriff findet eine Nachuntersuchung statt, bei der die Wundheilung überprüft wird. Eine weitere Woche später werden die außen liegenden Fäden gezogen. Ist die Wunde gut verheilt, gilt es noch auf mögliche, später auftretende Nebenwirkungen zu achten. Sie sollten mit dem Tierarzt besprechen, wie man diesen bestmöglich vorbeugen kann.

Chemische Kastration der Hündin

Neben der beschriebenen chirurgischen Kastration gibt es auch die chemische Kastration, also die Möglichkeit der medikamentösen Läufigkeitsunterdrückung. Tabletten oder Injektionen können die Läufigkeit der Hündin für einen bestimmten Zeitraum unterdrücken, machen sie also zeitweise unfruchtbar. Die Verabreichung dieser Mittel bedeutet jedoch einen Eingriff in das äußerst sensible Hormonsystem der Hündin und ist mit erheblichen Risiken und Nebenwirkungen verbunden. Zum einen kann die Hündin trotzdem läufig werden – die Präparate bieten keine 100-prozentige Garantie. Zum anderen besteht durch regelmäßige Hormon-Injektionen ein erhöhtes Risiko für Diabetes mellitus, Gesäugetumoren sowie eine Gebärmutterentzündung. Außerdem gehen mit diesen Injektionen regelmäßige Kosten einher und es ist recht aufwändig, den richtigen Zeitpunkt für die Gabe der Medikamente zu ermitteln. Somit ist von dieser Methode eher abzuraten und für die meisten Hündinnen auf die operative Kastration zu verweisen.

Kastration der Hündin: Nebenwirkungen

Neben dem Narkose- und Operationsrisiko sind unerwünschte Nebenwirkungen zu nennen, die durch den schwerwiegenden Eingriff in den Hormonhaushalt der Hündin auftreten können:

Führen Kastrationen zu Harninkontinenz?

Die Harninkontinenz ist eine der häufigsten unangenehmen Folgeerscheinungen der Kastration der Hündin. Besonders größere Rassen mit einem Körpergewicht von über 20 Kilogramm sind betroffen. Bei großrassigen Hündinnen liegt das Risiko, nach der Kastration an Harnträufeln zu leiden, bei 30 Prozent. Bei Rottweiler, Dobermann, Riesenschnauzer oder Boxer beträgt das Risiko bis zu 60 Prozent. Die Inkontinenz kann sofort nach der Kastration bis erst zehn Jahre später auftreten; oft werden Symptome zwei bis fünf Jahre nach der Kastration festgestellt. Unabhängig vom Ausmaß der Harninkontinenz wird meist zu möglichen Medikamenten gegriffen. Weiterhin sind chirurgische Behandlungsmöglichkeiten zur Stabilisierung der abführenden Harnorgane möglich.

Vulvapyodermie nach der Kastration

Eine weitere mögliche Nebenwirkung ist die sogenannte Vulvapyodermie. Die Entwicklung der Vulva, der äußerlich sichtbaren Geschlechtsteile, ist abhängig vom Einfluss der Geschlechtshormone. Je nach Zeitpunkt der Kastration, ob vor oder nach der Pubertät, bleibt die Vulva unterentwickelt oder bildet sich zurück. Die wenig ausgebildete, eingezogene Vulva kann besonders bei übergewichtigen Tieren zu Problemen führen. Mit der Haut der Dammregion kann sich hier eine tiefe Falte bilden, die oft feucht und nicht ausreichend belüftet ist. An dieser Stelle entwickeln sich schnell hartnäckige Entzündungen, die sich auf die Scheidenregion ausweiten können. Vorbeugend, aber auch als Therapiemaßnahme ist die Gewichtskontrolle der Hündin entscheidend. In schwerwiegenden Fällen werden im Rahmen eines chirurgischen Eingriffs die störenden Hautfalten entfernt.

Gewichtszunahme und Fellveränderungen

Auch das äußere Erscheinungsbild kann sich nach der Kastration der Hündin ändern. Neben einer Gewichtszunahme kann es zu Fellveränderungen kommen. Aufgrund des möglicherweise erhöhten Appetits und der besseren Futterverwertung sollten Sie den Energiegehalt des Futters nach der Kastration reduzieren und für ausreichend Bewegung sorgen. Denn Übergewicht erhöht wiederum das Risiko für die Hündin, an Gelenks- und Atemwegserkrankungen oder Bluthochdruck zu leiden und begünstigt das Auftreten verschiedener Tumoren. Die Fellveränderung zeigt sich zumeist bei Hunden mit glänzendem Deckhaar, vor allem bei Spaniels, Langhaardackeln und Irish Settern. Hier kann es nach der Kastration zu einem übermäßigen Wachstum des Wollhaares kommen. Das Fell der Hündinnen ähnelt dann dem Haarkleid im Welpenalter und wird deshalb auch „Welpenfell“ genannt.

Erkrankungen des Bewegungsapparats

Eine Kastration kann außerdem Erkrankungen des Bewegungsapparats begünstigen. Sie zählt neben Übergewicht zu den Risikofaktoren für eine Hüftgelenksdyplasie. Aufgrund des häufigeren Auftretens von Kreuzbandrissen und bösartigen Knochentumoren bei kastrierten Hündinnen im Vergleich zu nicht-kastrierten Hündinnen geht man auch hier von einem negativen Einfluss der Kastration aus.

Tumore aufgrund einer Kastration?

Wie wirkt sich die Kastration der Hündin nun auf die Tumorentstehung aus? Zwar ist oft die Rede von einer schützenden Wirkung gegenüber Gesäugetumoren, jedoch ist die Studienlage diesbezüglich unklar. Verschiedene Rassen sind unabhängig von der Kastration unterschiedlich anfällig für Gesäugetumoren und außerdem sind nur etwa die Hälfte dieser Art von Tumoren bösartig – eine repräsentative Studie, die all diese Faktoren berücksichtigt und ein belastbares Ergebnis liefert, gibt es bisher nicht. Dagegen ist im Beratungsgespräch auf jeden Fall darauf hinzuweisen, dass die Kastration der Hündin die Entwicklung anderer Tumorerkrankungen begünstigen kann. Ist die Rasse bereits anfälliger für bestimmte Tumorerkrankungen, können kastrierte Hunde einem nochmal erhöhten Risiko ausgesetzt sein. Ob eine Kastration also bei einer gesunden Hündin zum Zwecke der Vorbeugung sinnvoll ist, muss im Gespräch mit der Tierärztin oder dem Tierarzt entschieden werden.

Verhaltensänderungen wegen veränderter Hormone

Viele Hundehaltende erhoffen sich nach der Kastration eine Verhaltensänderung ihrer Hündin. Aber ist jede Hündin durch den fehlenden Einfluss der Sexualhormone automatisch ruhiger und weniger aggressiv? Diese Frage kann man nicht pauschal mit „ja“ beantworten, denn das Verhalten muss nicht unbedingt auf den Hormonhaushalt zurückzuführen sein. Tritt das unerwünschte Verhalten nur in bestimmten Zyklusphasen auf, z.B. aggressives Verhalten während der Läufigkeit und der Scheinträchtigkeit, so ist es wahrscheinlich, dass eine Kastration Abhilfe schaffen kann. Verhaltensprobleme, die auf Angst, Unsicherheit, Frustration oder mangelnden Umwelterfahrungen beruhen, bleiben dagegen wahrscheinlich bestehen und es kann sogar zu einer Verschlimmerung kommen.

Die Kosten einer Kastration

Die Kosten für die Kastration der Hündin belaufen sich nach der Aktualisierung der Gebührenordnung für Tierärzte auf 70,60 Euro (1-facher Satz), 141,20 Euro (2-facher Satz) oder 211,80 Euro (3-facher Satz). Dazu kommen jedoch noch unterschiedliche Gebühren für die Vor- und Nachsorge sowie zusätzliche Behandlungskosten bei möglichen Komplikationen. Im Notfall, beispielsweise bei einer hochgradigen Gebärmutterentzündung, kann der Eingriff sogar noch teurer werden. Auch die für die Gabe der Medikamente selbst stellt einen Kostenpunkt dar. Je nach der Art der Narkose und den abzugebenden Medikamente, die beispielsweise bei Allergie-Patienten variieren können, zeigt sich: Es ist lediglich eine Kostenschätzung möglich, mit der Sie grob rechnen können. Bitte sprechen Sie deshalb vor dem Eingriff mit der Tierärztin oder dem Tierarzt über die entstehenden Kosten.

Dieser Artikel wurde geprüft von Tierärztin Melanie Müller.

Die genannten Informationen stellen keine Anleitung zur Selbstdiagnose und Behandlung von Tierkrankheiten dar. Tierhaltende sollten bei gesundheitlichen Problemen ihres Tieres in jedem Fall eine Tierärztin oder einen Tierarzt um Rat fragen. Diagnosen über das Internet sind nicht möglich.

 

Foto: © AGILA Haustierversicherung

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