Traumarbeitsplatz Tierarztpraxis: Krankheiten bei tierischen Gefährten vorbeugen, lindern oder gar heilen. Sich mit dankbaren Tierhaltenden austauschen. Viel Abwechslung und medizinischen Fortschritt erleben. All dies kann das Berufsleben von Tierärztinnen, Tierärzten und Tiermedizinischen Fachangestellten bereichern. Aber die Berufe haben auch ihre Schattenseiten und gehen mit einem erhöhten Risiko für psychische Erkrankungen einher. Die Initiative vetivolution möchte das ändern.


Inhaltsverzeichnis:


Die wichtigsten Infos zu vetivolution

vetivolution möchte in puncto mentaler Gesundheit in der Veterinärmedizin erster Ansprechpartner sein und

  • Betroffene individuell unterstützen
  • Maßnahmen und Materialien zur Vorbeugung bereitstellen
  • Aufklärungsarbeit leisten

AGILA wird vetivolution von Beginn an dabei begleiten.

 

Die aktuelle Situation 

Stellen Sie sich vor, Sie arbeiten so viel, dass Sie kaum Zeit für ein Privatleben haben (unsere Vierbeiner werden schließlich rund um die Uhr krank) und können trotzdem Ihre Tierpatienten nicht optimal behandeln. Das ist Alltag in vielen Tierarztpraxen. Zum einen gibt es mittlerweile auch in der Tiermedizin einen massiven Fachkräftemangel und viel zu viele kranke Tiere für viel zu wenige Praktizierende.

Kommunikation hilft - auch in der Tierarztpraxis
Nicht selten entsteht zum anderen in Tierarztpraxen das Dilemma, dass Tierhaltende die Kosten für eine angemessene Diagnostik oder Behandlung nicht tragen wollen oder es schlichtweg nicht können. Ist dann eine passende Therapie nicht möglich, leiden nicht nur die Tierhaltenden, sondern auch das Fachpersonal darunter. Schließlich steckt häufig eine große Liebe zum Tier hinter ihrer Berufswahl. Auch Zweifel, ob sie etwas hätten besser machen können, nehmen viele Tierärztinnen und Tierärzte bei nicht erfolgreichen Behandlungen mit nach Hause. Dabei gibt es (chronische) Krankheiten, die lassen sich gar nicht heilen - so sehr sich Tierhaltende und Behandelnde auch anstrengen - oder nur mit hohem Aufwand. Die Trauer oder die Wut der enttäuschten Tierbesitzenden bekommt in diesen Fällen nicht selten das tierärztliche Fachpersonal ab.  

 

Was Tierhaltende tun können

Sehen Sie Tierärztinnen und Tierärzte als Partner, nicht als Schuldigen. Wenn der Vierbeiner krank ist, ist das meist eine emotionale Situation. Niemand wird es Ihnen krumm nehmen, wenn Sie in Ausnahmefällen mal nicht Sie selbst sind. Bedenken Sie trotzdem, dass Ihnen jemand gegenübersteht, der Ihrem Vierbeiner helfen möchte und im Zweifel genau so traurig oder enttäuscht ist, wie Sie. Geteiltes Leid ist halbes Leid. Gehen Sie zusammen auf Spurensuche, wenn eine Behandlung nicht funktioniert - vielleicht spuckt Ihr Vierbeiner die Tablette heimlich wieder aus? Vielleicht gab es ein Missverständnis bzgl der Häufigkeit der Tablettengabe? Haben Sie die Menge angepasst, weil es schon besser wurde? Arbeiten Sie im Team und immer in Absprache, gemeinsam können Sie mehr erreichen und zur Not auch eine entsprechende Fachtierarztpraxis heraussuchen. Und wenn es mal gar nicht klappt, geben Sie ein freundliches aber ehrliches Feedback, aus dem alle lernen können. 

Gehen Sie mit realistischen Erwartungen in die Praxis. In vielen Fällen reicht eine allgemeine Untersuchung nicht aus, um eine Diagnose zu stellen. Auch wenn es nervig und stressig sein kann, auf Untersuchungsergebnisse zu warten oder für weiterführende Diagnostik wiederzukommen: Haben Sie Geduld. Meist lässt sich nur so die passende Behandlung wählen, sodass es Ihrem Vierbeiner nachhaltig besser geht.

Informieren Sie sich (rechtzeitig) über Tierarztkosten. Viele Praxisinhabende stehen unter einem großen (finanziellen) Druck. Sie müssen möglichst immer und umfassend für ihre Schützlinge da sein, gleichzeitig Räumlichkeiten, Geräte und Fachpersonal bezahlen sowie ihren eigenen Lebensunterhalt und ihre Rente sichern. Daher müssen sie die Kosten für Diagnostik und Behandlung komplett und nach den Vorgaben der Gebührenordnung für Tierärztinnen und Tierärzte abrechnen. So wie wir dies für unsere eigenen Arztkosten (die wir meist aufgrund der gesetzlichen Krankenversicherung gar nicht bemerken) oder auch für handwerkliche Dienstleitungen akzeptieren, so sollte dies auch in der Tierarztpraxis selbstverständlich sein. Informieren Sie sich daher über mögliche Tierarztkosten, bevor Ihr neuer Liebling bei Ihnen einzieht und schließen Sie eine Tierkrankenversicherung ab, sollten Sie nicht über ein ausreichendes finanzielles Polster verfügen.

vetivolution: Was steckt dahinter?

„Wir lieben die Tiermedizin. Genau deshalb möchten wir sie verbessern.“ Mit dieser Einstellung haben die Tierärztin Dr. Jana Dickmann und der Tierarzt Dr. Karim Montasser die gemeinnützige, spendenfinanzierte Organisation vetivolution ins Leben gerufen. Sie möchten die mentale Belastung für Tiermedizinische Fachangestellte, Tierärztinnen und Tierärzte, aber auch für Tiermedizinstudierende mit verschiedenen zielgerichteten, lösungsorientierten Angeboten verbessern. Auf ihrer Website bieten sie beispielsweise Material zur Ersten Hilfe, präventive und unterstützende Maßnahmen sowie wichtige Hintergrundinformationen an.

Hier gehts zu vetivolution

 

Um die Arbeitsbedingungen ihrer Kolleginnen und Kollegen nachhaltig zu verbessern und das Bewusstsein für die Probleme zu schärfen, richten sie sich jedoch nicht nur an die Betroffenen selbst: Sie möchten auch die Haustierhaltenden ansprechen. Aufklärungskampagnen sollen in dieser Zielgruppe die Sensibilität für das Thema erhöhen.

AGILA und vetivolution: Zusammen stärker

Vor allem an dieser Stelle möchte AGILA die Initiative unterstützen. Sowohl bei unseren Partnerpraxen und -kliniken als auch bei Kundinnen, Kunden und in der AGILA Community in den sozialen Medien möchten wir die Aufmerksamkeit auf die aktuelle Situation, ihre Hintergründe und somit auch auf mögliche Lösungsansätze richten. Je mehr Beteiligte erreicht werden, desto mehr lässt sich bewegen.Zudem wird tiermedizinisches Fachpersonal häufig mit dem Dilemma konfrontiert, dass die finanzielle Situation der Tierhaltenden eine Behandlung nach aktuellem medizinischen Standard nicht zulässt. An dieser Stelle könnte eine höhere Anzahl an krankenversicherten Vierbeinern ein Lösungsansatz sein. AGILA möchte daher auch über dieses Thema informieren und so beispielsweise offene Fragen von Studierenden sowie aus Praxen und Kliniken klären, um Hürden abzubauen.

Häufige Fragen und Antworten

vetivolution ist eine gemein­nützige Or­gani­sation, die daran arbeitet, die mentale Gesund­heit aller in der Tier­medizin tätigen Personen zu verbessern. Zusammen mit ihren Partnern möchten die Gründenden Dr. Jana Dickmann und Dr. Karim Montasser Probleme von (zukünftigen) Tierärztinnen und Tierärzten sowie von Tiermedizinischen Fachangestellten angehen, ihnen direkte Hilfe anbieten und sowohl sie als auch die Tierhaltenden und andere Beteiligte aufklären.

Im Zentrum steht derzeit der Internetauftritt der Initiative. Dort finden Nutzende unter anderem

  • informative Beiträge zu präventiven Schritten und Soforthilfemaßnahmen
  • liebevoll gestaltete Infografiken zum Herunterladen und Ausdrucken
  • ein Anmeldeformular für Supervisionen durch qualifizierte Psychotherapeutinnen mit Supervisionsausbildung
  • den Podcast der Organisation
  • Links zu Studien und Belegen der erhöhten Belastung in tiermedizinischen Berufen
  • ein Kontaktformular
  • Links zu den Partnern der Initiative

Neben dem Ausbau der individuellen Unterstützung ist künftig auch noch strukturelle Aufgaben geplant – so wünschen sich die Gründenden beispielsweise eine höhere Versicherungsrate bei den Haustieren und dass der Lehrplan der Tiermedizinstudierenden an reale Berufserfahrungen angepasst wird.

Dr. Jana Dickmann und Dr. Karim Montasser hosten bereits seit 2019 den Tiermedizin-Podcast „breaking vet“. Während Montasser auch unabhängig davon in der Wissenschaftskommunikation aktiv ist und unter anderem den YouTube-Kanal „Der Tierarzt – Dr. Karim Montasser“ betreibt, praktiziert Dr. Dickmann in einer Kleintierklinik und absolviert parallel eine Ausbildung zur PR-Spezialistin.

Die beiden wünschen sich, dass Arbeiten in der Tiermedizin nicht gleichbedeutend mit einer Gefährdung der psychischen Gesundheit ist. Sie wollen, dass wieder mehr Menschen Lust auf die klinische Tätigkeit haben und die Tiermedizin stark auf alle kommenden Herausforderungen zugehen kann.

Die Situation in den Praxen und Kliniken ist ernst. So häufig wie kaum eine andere Berufsgruppe leidet tiermedizinisches Fachpersonal unter Depressionen, wie aktuelle Studien zeigen.

Die Ursachen dafür sind vermutlich vielfältig: Bereits im Studium sind die (Lern-)Anforderungen sehr hoch, zudem wird den Studierenden manchmal das Gefühl vermittelt, als bewegten sie sich künftig mit ihren Entscheidungen im Berufsalltag häufig mit einem Bein in einem Rechtsstreit. Neben der großen Menge an theoretischen Inhalten bleibt zudem oft wenig Zeit, um Praxiserfahrung zu sammeln. Häufig besteht dadurch ein großer Pool an Spezialwissen, während wichtige sog. „first day skills“ – also jene Fertigkeiten, die Tierärztinnen und Tierärzte ab Tag eins in der Praxis brauchen – fehlen. Zudem kaschiert der Enthusiasmus während kurzzeitiger Praktika, in denen viel geschaut und gelernt wird, die Belastung, welche die langen Arbeitszeiten und hohe Verantwortung gegenüber Tieren und Besitzenden mit sich bringen.

Der Arbeitsalltag in der Tiermedizin ist häufig mit Mehrarbeit– auch an Wochenenden, nachts und an Feiertagen – verbunden. Dies kann das Ausüben von Hobbies und privaten Pflichten verhindern sowie Partnerschaften, Freundschaften und familiäre Beziehungen belasten. Hinzu kommt, dass sich tiermedizinisches Fachpersonal häufig mit unheilbaren Krankheiten und Tod beschäftigen muss. Während das Personal selbst oft schon schwer an dieser emotionalen Last zu tragen hat – schließlich prägt auch die Liebe zum Tier die Berufswahl – muss es gleichzeitig Tierhaltende auffangen und begleiten. Diese stehen oft selbst unter einem hohen Leidensdruck, wenn ihr Familienmitglied leidet oder stirbt – vor allem, wenn sie eine nötige Behandlung finanziell nicht stemmen können. Andererseits gibt es auch mal Patientenbesitzende, die das Tier nicht behandeln lassen wollen – Tierärztinnen und Tierärzte stehen dann vor einem tierschutzrechtlichen Dilemma.

Gleichzeitig sind sowohl der Aufbau als auch der Betrieb einer Tierarztpraxis oder sogar Tierklinik sehr aufwändig und kostenintensiv. Viele Praxen und Kliniken laufen nicht wirtschaftlich – auch weil nötige betriebswirtschaftliche Kenntnisse im Studium lange nicht vermittelt wurden. Für Angestellte bedeutet das meist vergleichsweise niedrige Gehälter und für Selbstständige mitunter eine mangelhafte Altersvorsorge. Individuelle Charaktere, Defizite in der Praxisorganisation und mangelnde Führungskenntnisse können die Probleme noch verschärfen.

Nicht nur in Deutschland bestehen diese Probleme in der Branche. Die Ursprungsorganisation zu diesem Thema ist „Not One More Vet“ aus den USA. vetivolution hat sich bereits für den Erfahrungsaustausch vernetzt.

Für AGILA stehen die Gesundheit von Hund und Katze sowie die Finanzierung der tierärztlichen Versorgung dieser Tiere im Mittelpunkt. Somit liegt uns selbstverständlich auch das tierärztliche Fachpersonal am Herzen. Denn: Tiermedizinische Fachangestellte sowie Tierärztinnen und Tierärzte setzen sich nicht nur tagtäglich für die Tiergesundheit und ein besseres Leben von Haustieren ein: Sie sind auch wichtige Partner von AGILA und wir arbeiten tagtäglich mit ihnen zusammen. Deshalb unterstützt AGILA die neue Initiative seit der ersten Stunde.

Zudem sind wir uns mit dem Gründungs-Team einig, dass Tierkrankenversicherungen dazu beitragen können, eine belastende Komponente aus dem Berufsalltag zu entfernen: das Finanzielle. Vor allem dann, wenn mehr Haustiere versichert sind. Auch wenn tiermedizinisches Fachpersonal der Beruf meist auch eine Berufung ist – sie müssen auch davon leben können. Die Gebührenordnung für Tierärzte gibt den rechtlichen Rahmen für die Abrechnung tierärztlicher Leistungen vor. Trotzdem sind Kostendiskussionen in der Praxis nicht selten. Spielt der Preis keine oder zumindest eine kleinere Rolle, könnte diese Belastung für Tierhaltende und Betreuende wegfallen.

AGILA informiert

 

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